26.09.05
Patientenhotels senken Klinikkosten - bald auch hierzulande?
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein könnte Vorreiter spielen / In Skandinavien hat man damit bereits gute Erfahrungen gemacht
HAMBURG (di). Ein deutsches Krankenhaus im Jahr 2007: Ein Patient benötigt nicht mehr die akutstationäre Betreuung der Klinikabteilung, bedarf aber noch der medizinischen Überwachung und kann deshalb nicht nach Hause entlassen werden. Stattdessen wird er in das benachbarte Gebäude auf dem Klinikgelände verlegt - dort erwarten ihn erstklassiger Service und angenehmes Ambiente gepaart mit medizinischer Überwachung.
Solche Patientenhotels werden nach Überzeugung von Franz-Josef Richter spätestens im übernächsten Jahr in Deutschland in Betrieb gehen. Der Geschäftsführer des deutsch-skandinavischen Unternehmens Abbakus will hierzulande eine Idee durchsetzen, mit denen die Nachbarländer im Norden bereits gute Erfahrungen gesammelt haben.
Richter stößt mit seinen Plänen bei den Verantwortlichen auf offene Ohren. Aus gutem Grund: Die Kliniken können ihren Patienten besseren Service anbieten und zugleich ihre Kosten senken. Denn die Übernachtung in einem Patientenhotel kostet sie weniger als eine Nacht in der akutstationären Abteilung. Auf maximal 100 Euro beziffert Richter die Kosten im Patientenhotel - in der Klinik betragen diese mindestens 60 Prozent mehr. In Zeiten von Fallpauschalen könnten die Krankenhäuser damit ihre Kosten senken, ohne die Erlösseite zu schmälern.
Möglich werden die Einsparungen, weil auf den Klinikstationen qualifizierte Kräfte wie Krankenschwestern nicht immer fachgerecht eingesetzt werden. "Gerade Pflegende widmen heute vielfach noch fast ein Drittel ihrer Kraft pflegefremden oder patientenfernen Tätigkeiten", sagt Richter. Er rechnet vor: "Wenn jeder die Arbeit macht, für die er qualifiziert ist und bezahlt wird, ergibt das in einem 300 Betten-Haus Einsparpotentiale von einer halben Million Euro pro Jahr."
Für Kiel und Lübeck wird Ausschreibung ventiliert
Das Interesse an der Idee aus Skandinavien ist groß unter Deutschlands Klinikbetreibern. Pionier könnte das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) werden, das bereits ein entsprechendes Interessenbekundungsverfahren abgeschlossen hat und offen über eine Private-Public-Partnerschaft für die Errichtung von Patientenhotels nachdenkt. Barbara Schulte vom UKSH-Vorstand rechnet damit, daß noch Ende 2005 die Ausschreibung für je ein Hotel an den beiden Klinikstandorten in Kiel und Lübeck beginnt.
Die neuen Herbergen sollen in direkter Nachbarschaft zum Zentralklinikum jeweils rund 120 Betten vorhalten, in denen man neben den fast genesenen akutstationären Patienten auch Studienteilnehmer, Angehörige und ambulant Behandelte unterbringen könnte. Besonders die letzte Gruppe ist für Deutschlands zweitgrößte Uniklinik eine wichtige Größe: 240 000 Patienten werden dort jährlich ambulant behandelt.
DAK-Chef sieht keine Risiken für die Patienten
Solche Größenordnungen rufen auch Klinikdienstleister wie die Ahr Service GmbH auf den Plan. Markus Ahr, geschäftsführender Gesellschafter des auf Klinik- und Hotelservice spezialisierten Oberhausener Unternehmens, hält Patientenhotels grundsätzlich für alle Krankenhäuser mit einer Größe ab rund 200 Betten für interessant.
Auf positive Resonanz stößt die Idee auch beim DAK-Vorsitzenden Herbert Rebscher. Medizinische Risiken befürchtet er für seine Versicherten nicht: "Das wird der Prüfstein: Die Sicherheit einer Klinik mit dem Komfort eines Hotels zu verbinden. Die Patienten kommen nur, wenn sich herumspricht, daß die Einrichtung auch medizinisch gut ist."
An Deutschlands Unikliniken mangelt es nach seiner Einschätzung eher am Patientenservice - ein Defizit, das Patientenhotels ausgleichen könnten. Auch Barbara Schulte räumt ein, daß Unikliniken in diesem Punkt Wettbewerbsnachteile haben: "Bei uns steht die medizinische Qualität im Vordergrund. Beim Komfort haben viele private Anbieter noch einen Vorsprung."
Anfängliche Vorbehalte in der eigenen Belegschaft gegen die Patientenhotels werden im Norden gerade abgebaut. Besonders bei den Pflegekräften sieht Schulte inzwischen Zustimmung, weil diese Gruppe sich durch die Entlastung der Patientenhotels mehr auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren könnten. Bei manchen Ärzten dagegen herrschte größere Skepsis - man befürchtete eine Bettenreduzierung.
FAZIT
Patientenhotels sind keine Zukunftsvision mehr - die ersten Klinikbetreiber sind bereits in der Planungsphase und arbeiten an konkreten Finanzierungsmodellen. Damit sich die Idee in Deutschland durchsetzen kann, müssen Kliniken den Hotelkomfort mit einer sicheren medizinischen Überwachung kombinieren. Profitieren werden davon beide Seiten: Klinikbetreiber durch geringere Kosten, Patienten durch besseren Service. Vorbehalte beim medizinischen Personal werden voraussichtlich schnell abgebaut sein, wenn der Heilungsprozeß bei den Patienten gewährleistet ist. Besonders das Pflegepersonal hätte dann die Chance, sich wieder mehr auf seine eigentlichen Aufgaben am Patienten zu konzentrieren. (di)
Quelle: www.aerztezeitung.de
Patientenhotels senken Klinikkosten - bald auch hierzulande?
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein könnte Vorreiter spielen / In Skandinavien hat man damit bereits gute Erfahrungen gemacht
HAMBURG (di). Ein deutsches Krankenhaus im Jahr 2007: Ein Patient benötigt nicht mehr die akutstationäre Betreuung der Klinikabteilung, bedarf aber noch der medizinischen Überwachung und kann deshalb nicht nach Hause entlassen werden. Stattdessen wird er in das benachbarte Gebäude auf dem Klinikgelände verlegt - dort erwarten ihn erstklassiger Service und angenehmes Ambiente gepaart mit medizinischer Überwachung.
Solche Patientenhotels werden nach Überzeugung von Franz-Josef Richter spätestens im übernächsten Jahr in Deutschland in Betrieb gehen. Der Geschäftsführer des deutsch-skandinavischen Unternehmens Abbakus will hierzulande eine Idee durchsetzen, mit denen die Nachbarländer im Norden bereits gute Erfahrungen gesammelt haben.
Richter stößt mit seinen Plänen bei den Verantwortlichen auf offene Ohren. Aus gutem Grund: Die Kliniken können ihren Patienten besseren Service anbieten und zugleich ihre Kosten senken. Denn die Übernachtung in einem Patientenhotel kostet sie weniger als eine Nacht in der akutstationären Abteilung. Auf maximal 100 Euro beziffert Richter die Kosten im Patientenhotel - in der Klinik betragen diese mindestens 60 Prozent mehr. In Zeiten von Fallpauschalen könnten die Krankenhäuser damit ihre Kosten senken, ohne die Erlösseite zu schmälern.
Möglich werden die Einsparungen, weil auf den Klinikstationen qualifizierte Kräfte wie Krankenschwestern nicht immer fachgerecht eingesetzt werden. "Gerade Pflegende widmen heute vielfach noch fast ein Drittel ihrer Kraft pflegefremden oder patientenfernen Tätigkeiten", sagt Richter. Er rechnet vor: "Wenn jeder die Arbeit macht, für die er qualifiziert ist und bezahlt wird, ergibt das in einem 300 Betten-Haus Einsparpotentiale von einer halben Million Euro pro Jahr."
Für Kiel und Lübeck wird Ausschreibung ventiliert
Das Interesse an der Idee aus Skandinavien ist groß unter Deutschlands Klinikbetreibern. Pionier könnte das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) werden, das bereits ein entsprechendes Interessenbekundungsverfahren abgeschlossen hat und offen über eine Private-Public-Partnerschaft für die Errichtung von Patientenhotels nachdenkt. Barbara Schulte vom UKSH-Vorstand rechnet damit, daß noch Ende 2005 die Ausschreibung für je ein Hotel an den beiden Klinikstandorten in Kiel und Lübeck beginnt.
Die neuen Herbergen sollen in direkter Nachbarschaft zum Zentralklinikum jeweils rund 120 Betten vorhalten, in denen man neben den fast genesenen akutstationären Patienten auch Studienteilnehmer, Angehörige und ambulant Behandelte unterbringen könnte. Besonders die letzte Gruppe ist für Deutschlands zweitgrößte Uniklinik eine wichtige Größe: 240 000 Patienten werden dort jährlich ambulant behandelt.
DAK-Chef sieht keine Risiken für die Patienten
Solche Größenordnungen rufen auch Klinikdienstleister wie die Ahr Service GmbH auf den Plan. Markus Ahr, geschäftsführender Gesellschafter des auf Klinik- und Hotelservice spezialisierten Oberhausener Unternehmens, hält Patientenhotels grundsätzlich für alle Krankenhäuser mit einer Größe ab rund 200 Betten für interessant.
Auf positive Resonanz stößt die Idee auch beim DAK-Vorsitzenden Herbert Rebscher. Medizinische Risiken befürchtet er für seine Versicherten nicht: "Das wird der Prüfstein: Die Sicherheit einer Klinik mit dem Komfort eines Hotels zu verbinden. Die Patienten kommen nur, wenn sich herumspricht, daß die Einrichtung auch medizinisch gut ist."
An Deutschlands Unikliniken mangelt es nach seiner Einschätzung eher am Patientenservice - ein Defizit, das Patientenhotels ausgleichen könnten. Auch Barbara Schulte räumt ein, daß Unikliniken in diesem Punkt Wettbewerbsnachteile haben: "Bei uns steht die medizinische Qualität im Vordergrund. Beim Komfort haben viele private Anbieter noch einen Vorsprung."
Anfängliche Vorbehalte in der eigenen Belegschaft gegen die Patientenhotels werden im Norden gerade abgebaut. Besonders bei den Pflegekräften sieht Schulte inzwischen Zustimmung, weil diese Gruppe sich durch die Entlastung der Patientenhotels mehr auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren könnten. Bei manchen Ärzten dagegen herrschte größere Skepsis - man befürchtete eine Bettenreduzierung.
FAZIT
Patientenhotels sind keine Zukunftsvision mehr - die ersten Klinikbetreiber sind bereits in der Planungsphase und arbeiten an konkreten Finanzierungsmodellen. Damit sich die Idee in Deutschland durchsetzen kann, müssen Kliniken den Hotelkomfort mit einer sicheren medizinischen Überwachung kombinieren. Profitieren werden davon beide Seiten: Klinikbetreiber durch geringere Kosten, Patienten durch besseren Service. Vorbehalte beim medizinischen Personal werden voraussichtlich schnell abgebaut sein, wenn der Heilungsprozeß bei den Patienten gewährleistet ist. Besonders das Pflegepersonal hätte dann die Chance, sich wieder mehr auf seine eigentlichen Aufgaben am Patienten zu konzentrieren. (di)
Quelle: www.aerztezeitung.de