- Registriert
- 05.05.2002
- Beiträge
- 413
- Beruf
- Studentin, früher Krankenschwester
Was siehst du, Schwester?
Was siehst du, Schwster, siehst du überhaupt?
Schaust du mich an, dann denkst du wohl:
Eine komische Alte, ein bisschen verkalkt,
sie hält sich kaum gerade, die Augen weit weg,
sie kleckert mit Essen und antwortet nicht,
wenn du laut forderst: "Probieren Sie`s doch."
Ich werde dir erzählen, wer ich bin, die hier so still sitzt,
sich erhebt, wenn du willst, auf dein Drängen hin isst.
Bin ein Kind, grad 10, habe Vater und Mutter,
habe Bruder und Schwster, wir lieben einander.
Bin Braut dann mit 20, mit fröhlichem Herzen
Denk ich zurück an die Zukunft von einst.
Bin Mutter später und werde gebraucht,
am Glück mit zu bauen, für dieses mein Kind.
Die Zeiten sind dunkel, mein Liebster ist tot
Ich seh in mein Alter mit Schaudern und Furcht.
Meine Kinder leben nun für sich allein
Und was mir bleibt ist Erinnerung.
Alt bin ich nun, die Natur spottet mir,
denn dem Alter gab sie ein töricht Gesicht.
Der Körper verschrumpelt, ohne Anmut und Kraft
Und wo einst mein Herz war, ist ein Brocken von Stein.
Doch hinter der Maske lebt das Mädchen noch,
und immer wieder regt sich das vielgeprüfte Herz,
erinnert sich an Freuden und denkt zurück an Leid
und noch einmal, aufs Neue, seh ich mein Leben zieh´n.
Die Jahre waren wenig, die Zeit verging zu schnell
Und ich hab lernen müssen, dass von allem mir nichts bleibt.
So öffne deine Augen, Schwester, öffne sie und sieh -
Nicht eine komische Alte, schau besser hin - sieh mich.
Dieses Gedicht wurde geschrieben von einer Patientin der Geriatrie. Nach ihrem Tode hat man es in ihrem Schrank gefunden. Gefunden von den Schwestern, die glaubten, dass diese Patienten weder lesen noch schreiben könne noch irgendetwas vom Alltag mitbekäme
Was siehst du, Schwster, siehst du überhaupt?
Schaust du mich an, dann denkst du wohl:
Eine komische Alte, ein bisschen verkalkt,
sie hält sich kaum gerade, die Augen weit weg,
sie kleckert mit Essen und antwortet nicht,
wenn du laut forderst: "Probieren Sie`s doch."
Ich werde dir erzählen, wer ich bin, die hier so still sitzt,
sich erhebt, wenn du willst, auf dein Drängen hin isst.
Bin ein Kind, grad 10, habe Vater und Mutter,
habe Bruder und Schwster, wir lieben einander.
Bin Braut dann mit 20, mit fröhlichem Herzen
Denk ich zurück an die Zukunft von einst.
Bin Mutter später und werde gebraucht,
am Glück mit zu bauen, für dieses mein Kind.
Die Zeiten sind dunkel, mein Liebster ist tot
Ich seh in mein Alter mit Schaudern und Furcht.
Meine Kinder leben nun für sich allein
Und was mir bleibt ist Erinnerung.
Alt bin ich nun, die Natur spottet mir,
denn dem Alter gab sie ein töricht Gesicht.
Der Körper verschrumpelt, ohne Anmut und Kraft
Und wo einst mein Herz war, ist ein Brocken von Stein.
Doch hinter der Maske lebt das Mädchen noch,
und immer wieder regt sich das vielgeprüfte Herz,
erinnert sich an Freuden und denkt zurück an Leid
und noch einmal, aufs Neue, seh ich mein Leben zieh´n.
Die Jahre waren wenig, die Zeit verging zu schnell
Und ich hab lernen müssen, dass von allem mir nichts bleibt.
So öffne deine Augen, Schwester, öffne sie und sieh -
Nicht eine komische Alte, schau besser hin - sieh mich.
Dieses Gedicht wurde geschrieben von einer Patientin der Geriatrie. Nach ihrem Tode hat man es in ihrem Schrank gefunden. Gefunden von den Schwestern, die glaubten, dass diese Patienten weder lesen noch schreiben könne noch irgendetwas vom Alltag mitbekäme