Kinder als Besucher

Nicola

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12.08.2005
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8
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Schaumburg
Hallo,

ich habe schon gesucht und nur einen alten Beitrag zu diesem Thema gefunden.

Ich selbst bin Krankenschwester, habe auf ITS gearbeitet.
Habe jetzt 2 Kinder im Alter von 3 und 5.

Mein Vater liegt nun seit knapp 3 Wochen beatmet auf der ITS.
Mein Sohn und mein Vater haben ein sehr enges und sehr gutes Verhältnis wir wohnen zusammen.
Mein Sohn hat immer wieder gefragt ob er seinen Opa besuchen dürfe.
Wir haben dann solange gewartet bis die Tracheotomie gemacht wurde.

Letzte Woche Samstag durfte er dann seinen Opa sehen.
Wir haben ihm vorher erklärt was mit seinem Opa geschehen ist und was ihn erwartet.
Mein Sohn ist dann direkten Weges auf seinen Opa zugegangen, hat ihn angefaßt und gestreichelt und ihm erzählt was so geschehen ist in den Tagen wo er nicht da war.
Und nun wollte ich ihn gestern wieder mitnehmen und ich wurde von einer KS angeraunzt, was mir denn als Mutter einfallen würde und wie ich meinem Kind das zumuten könne. Ich sei eine schlechte Mutter, wenn ich mich den Bitten meines Kindes nicht widersetzen würde.
Heute wurde mir dann auch noch mitgeteilt, daß der Oberarzt keinen weiteren Besuch meiner Kinder gestatten würde. Es sei schließlich eine ITS.
Dazu muß ich noch sagen, daß mein Vater ALS hat und "in seinen letzten Zügen" liegt.
Was sagt Ihr dazu und wie würdet Ihr Euch in dieser Situation verhalten?

Vielen Dank
 
OHA!

GANZ schwierige Situation.

Also ich arbeite auch auf einer ICU und Kinder in diesem Alter gestatten wir eigentlich keinen Zutritt (zum Schutz des Kindes a) für psychischen Problemen und b) vor Infektionen.
Das ist bei uns ganz allgemein so geregelt und ich finde das persönlich auch nicht gut, ... wobei ich auf der anderen Seite auch denke, dass Kinder zur Trauerarbeit, je nach geistigem Reifestatus sterbende oder verstorbene Verwandte sehen dürfen sollten, wenn sie es wollen und vorher vorbereitet wurden.

Das können halt nur die Eltern entscheiden.

In diesem Fall ist es halt besonders schwierig, weil der Bub ja schon mal beim Opa war und er so natürlich auch nicht verstehen wird, warum er jetzt nicht mehr zu seinem Opa darf. Am besten mal um ein Gespräch mit dem OA bitten, die Situation ruhig und sachlich schildern (keine Besserung des Opas in Sicht, gute geistige Reife des Jungen, er war schon mal drin und hat es gut verkraftet (hat er doch, oder!?), sie tragen die Verantwortung und wünschen es sich, usw).
Ich schätze mal, dass man es nur so klären kann.

Wünsche viel Erfolg und einen einsichtigen OA!
 
Eine typische Reaktion von Pflegekräften würde ich sagen. Ich denke, der OA übernimmt da nur die Anregung der "fachkompetenten" Pflegekraft.

Auch mir ist so etwas mal passiert: Pat. ca. 70 Jahre, stark geschwächt erhält Besuch von seiner ganzen Familie inclusive Säugling im Kinderwagen. Das Einzelzimmer ist schnell voll, Angehörige sizen z.T. auf dem Bett des Pat.. Man kann sich in dem Zimmer nicht mehr bewegen. Und dann fängt der Säugling auch noch an zu greinen. Das kann man einem schwerkranken Mann doch nicht zumuten. Die Besucher müssen angepasst dzimiert werden und als erstes muss der weinende Säugling da raus. Ich hab mir Rückendeckung vom Stationsarzt holen wollen und mußte mir die Frage gefallen lassen, wer damit ein Problem hat: der Pat. oder ich? ... Eigentlich war es mein Problem. Ich wollte den Pat. beschützen. Schließlich war ich für ihn verantwortlich. Und die Familie, welche Kompetenz hat sie denn schon? ... Die Angehörigen sind geblieben. Der Pat. hat sich hinterher bedankt dafür, dass alle so problemlos zu Besuch kommen durften.

Ist die Regelung der Besuchszeit mit den diversen Beschränkungen nicht eher ein Mittel um Macht auszuüben: ich als Pflegekraft bestimme, was dem Pat. gut zu tun hat. Ich arbiete schließlich unter professionellen Gesichtspunkten und habe umfassende Kenntnisse auch im psychologischen Bereich. Habe ich die wirklich? Sind meine Kenntnisse nicht nur ein unreflektiertes Nachplappern von tradierten Aussagen?

Elisabeth
 
Hallo,

danke für Eure Antworten.

Ich habe gestern noch mit unserem Pastor über die Geschichte gesprochen und er erzählte mir von einem Kind, welches bei einem Verkehrsunfall die Mutter verloren und den Vater schwerverletzt hatte.
Niemand lies dieses Kind (9 Jahre) zu seiner Mutter. Das Kind hatte wahnsinnige Alpträume. Sah ganz viele schwarzgekleidete Menschen und die tote Mutter im Traum. Das Kind hatte den Tod der Mutter geträumt. Die Angehörigen wolllten das Kind beschützen und ihm nichts gesagt. Die Alpträume hörten erst auf als das Kind seine tote Mutter gesehen hatte.

Ich denke, daß ich auf jeden Fall mit dem OA reden werde. Ob es etwas nützt?!
Ich bin mir nicht sicher.
Es war halt früher so, daß man Kinder vor dem Tod bewahren wollte.
Es gehört aber immer mehr zum Leben dazu. Ein Freund unseres Sohnes ist zur Zeit in einem anderen KH, er hat Krebs mit massiv schlechter Prognose.

Mein Sohn redet hinterher ganz viel und fragt nach und wenn er es dann erklärt bekommt ist es gut. Ein paar Wochen später kommt dann das Thema nochmals auf den Tisch wenn er es für sich verarbeitet hat.
Unser Pastor hat mir zugesichert dazusein, wenn etwas sein sollte. Er selbst ist Seelsorger für Rettungskräfte, Feuerwehrleute und seine Frau ist Seelsorgerin für Kinder und Jugendliche.
 
Hallo ihr Lieben..

also ich denke auch, dass es erstens in der Verantwortung der Eltern liegt, dass die Kinder ihre Grosseltern oder andere Angehörige sehen dürfen.
Wie schon erwähnt, muss man dabei beachten, wie weit die Kinder sind in Ihrer Entwicklung.

Ich arbeite auf der Neurologie mit eingeliederter Stroke Unit.
Da liegen auch öfter Pat., denen es mehr oder weniger gut geht.
Auch Pat.,die präfinal sind, liegen manchmal da.

Nun muss zum einen ich entscheiden, wie es dem Pat. geht, ob er schon in der Lage ist, etwas mehr als nur einen Besucher zu verkraften (z.B. nach Krampfanfall in der postiktischen Phase sind viele noch sehr müde und wollen nur schlafen. Dann rate ich davon eher ab..), zum 2.,wie geht es dem anderen Pat. in dem Zimmer.

Meine Stationsleitung möchte nicht, dass Kinder in den Überwachungsbereich dürfen.

Jedoch frage ich mich dann immer wieder, warum wir dann Bereichspflege betreiben, wenn Sie sich eh permanent da einmischt.
Und zum 2. trage ich doch die Verantwortung für den Bereich und muss entscheiden, ob es geht oder nicht.

Wie gesagt, prinzipiell sage ich ja, Kinder dürfen hinein.
Aber trotzdem gibt es da immer wieder gewisse Ausnahmesituationen..

Liebe Grüsse, Nic.

PS:@Nicola

Hoffe, du hattest Erfolg bei deinem Gespräch mit dem OA.
 
Hallo,

Danke für Eure Meinungen.
Ich habe lange gezweifelt und mit mir gerungen.
Habe dann am Dienstag das Gespräch mit dem OA geführt.
Ich brauchte gar keine Argumente. Ich habe einfach ihn reden lassen, nur einmal eine Frage gestellt sinngemäß ob er meinen Vater als so stabil einstuft, daß meine Kinder noch lange Tage Zeit hätten ihren Opa zu besuchen.

Ich durfte den Großen dann für 3 Min. mitnehmen.

Ab Heute dürfen alle beide zu ihm rein, da mein Vater innerhalb der ITS in ein Einzel-Zimmer verlegt wurde. Wir wollen uns dann morgen alle gemeinsam auf den Weg machen. Ich hoffe, daß ich nicht zu lange gewartet habe.

Meinem Sohn geht es gut. Er zeigt keine Auffälligkeiten oder Alpträume.
Ich denke, die Entscheidung sich dafür einzusetzen war/ist richtig.

Nochmals vielen Dank.
 
Oh man, das ist ja echt heftig....

Also ich weiß das jedes Kind anders ist und auch jedes Kind anders auf solch eine Situation reagiert.
Aber wenn dein Sohn das erste mal gut verkraftet hat, warum soll er nicht nocheinmal seinen Opa sehen, ich finde da spricht nichts dagegen.

Ich war 11 Jahre als meine Oma auf der ITS im sterben lag, meine Oma war alles für mich da sie mich mit groß gezogen hat, aber ich durfte nicht zu ihr.
Als sie dann tot war durfte ich sie bei der Überführung noch einmal sehen, das Bild habe ich heute noch vor den Augen, es war einfach schrecklich wie sie sich vollgepumpt mit Medikamenten noch bewegt hat, ich habe einen schreianfall bekommen und bin zusammengeklappt.

Ich denke es wäre für mich besser gewesen wenn ich sie LEBEND auf der Station nochmal gesehen hätte als dann tot....


Lass Dir nicht einreden du bist eine schlechte Mutter, das ist totaler unsinn!!!!!!
Ich bin in 2 Wochen Kinderkrankenschwester und ich kann aus Erfahrung sagen das Kinder die schonmal zu Besuch im Krankenhaus waren ganz anders auf ihren eigenen Krankenhausaufenthalt reagieren als Kinder die immer vor sowas ferngehalten wurden....
 
sehe ich so ähnlich. Es hat keinen Sinn die Kinder von allen fernzu halten. Man kann sie nichtin einer heilen Sonnenblumenwelt aufziehen. Natürlich muss man als elternteil vorher abwägen in wieweit das Kind in der Lage ist die Situation zu verstehen und zu verkraften.

Meiner Meinung nach gibt es kein Problem das Kinder auch mal als Besucher auf der ITS erscheinen dürfen. Man muss es eben immer der Situation anpassen und nicht alles pauschal entscheiden.
 
Liebe Nicola,

ich finde, du hast auf jeden Fall richtig gehandelt. Dein Kleiner hat ja scheinbar keinen Schaden davon getragen, im Gegenteil. Er ist sogar Vorbild für manch einen Erwachsenen, Kinder gehen viel unbefangener mit einer solchen Situation um, er hat den Opa sogar gestreichelt...
Ich arbeite auf einer modernen chirurgischen Intensivstation, alles nur Einzelboxen. Ich finde, dass der Umgang mit Besuchern generell unterschiedlich gehandhabt wird. Ich freue mich immer mit meinem Patienten, wenn ich weiß dass sich Besuch angekündigt hat. Dem Pat. tut der Besuch gut. Ich lasse den Besuch immer herein. Besuch von Kindern habe ich allerdings noch nicht erlebt, ich wüsste nicht wie ich handeln würde, aber dein Beispiel zeigt ja dass es eher positiv ist als negativ. Ich lasse immer alle Besucher herein, es stört mich auch überhaupt nicht bei meiner arbeit, wenn sie fragen haben erkläre ich ihnen gerne. Bei meinen Kollegen jedoch stelle ich oft fest, dass sie unfreundlich mit Besuchern umgehen, sie ewig lange vor der Tür warten lassen und sie immer wieder rausschicken. Ich finde es auch ok, wenn Angehörige z.B. beim betten dabei sind, Erwachsene können schließlich selber entscheiden was sie verkraften und was nicht. Man kann sich auch gut von Angehörigen helfen lassen und sie machen es auch gerne. Und selbst wenns nur Haare kämmen ist. Sie sind dann froh etwas für ihren Angehörigen getan zu haben was ihm gut tut.
Und das mindeste, was man tun kann, ist den Angehörigen einen Stuhl und etwas zu trinken anbieten, finde ich.
 
Ihr vergesst leider dabei, das Kinder Träger von Kinderkrankheiten sind und diese im schlimmsten Fall für Intensivpflichtige und immungeschwächte Erwachsene Patienten lebensgefährlich sein können. Darum bedenkt bitte auch dabei, das es nicht böse gemeint ist, das Kinder nur eingeschränktes Besuchsrecht erlaubt werden darf. Liegt der Patient in einem Einzelzimmer oder die Gesamtsituation ist günstig, sollte man auch Ausnahmen machen. Die psychische Problematik liegt dann in der Verantwortung der Eltern. Man muß sicherlich dabei auch entscheiden, ob die Eltern für solche Verantwortung auch reif genug sind. Meistens sind sie es und wir machen auch öfters Ausnahmen.
 
@totalpackage

in diesem Falle würde ich das Besuchsverbot auf alle Eltern bzw. Kontaktpersonen von Kindern ausdehnen wollen. Nur weil die Erkrankung unter Kinderkrankheiten zusammengefasst werden, heißt das ja noch lange nicht, dass ein Erwachsener sie nicht bekommen kann. Die Wahrscheinlichkeit ist zwar geringer aber nicht gleich Null. Ich habe meine Rötelinfektion mit 29 durchgemacht.

Spaß an
Vielleicht sollten wir für ein generelles Besuchsverbot plädieren. Auch grippale Infekte, noch schlimmer Grippe sind gefährlich für bestimmte Pat.gruppen. *grübelgrübel* Ne, das geht nicht, dann würden ja auch die Pflegekräfte die tapfer ihren Dienst versehen trotz Fieber und Schniefnase nicht mehr zum Pat. können.
Spaß aus

Welche Mutter wird ein krankes Kind mit ins KKH bringen? Und warum kann man Eltern nicht dahingegehend befragen wie der Status bezüglich Kinderkrankheiten in der Umgebung aussieht? warum klärt man Angehörige nicht über die reduzierte Immunabwehr bestimmter Pat.grupen auf?

Und bitte nicht vergessen: die größte Gefahr für den Pat. ist das KKH- Personal selbst und hier die mangelnde Händehygiene!!!!

Elisabeth
 
Danke

Danke,

für Eure vielfältigen Antworten.
Nun ist eine sehr lange Zeit vergangen und mein Vater ist vor einigen Wochen in eine Pflegeeinrichtung verlegt worden.

Meine Kinder besuchen ihn gerne und ohne Probleme.
Wir sind froh, daß wir uns im Sommer so entschieden haben.

Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch

Nicola
 
Durch einen Nebensatz in einem anderen Thread inspiriert, möchte ich diesen nochmal "reanimieren".

Wie ist es 2010 mit den Kindern als Besucher? Hat sich was geändert an den Vorschriften? hat sich was geändert an den Einstellungen der MA?

Elisabeth
 
Ihr vergesst leider dabei, das Kinder Träger von Kinderkrankheiten sind und diese im schlimmsten Fall für Intensivpflichtige und immungeschwächte Erwachsene Patienten lebensgefährlich sein können.

Die Zeit der sogenannten Kinderkrankheiten ist seit umfassenden Impfungen im Kindesalter Geschichte. Natürlich kann jeder Besucher Keime in die ITS hinein bringen.
Aber die gefährlichsten Keime holen sich die Patienten mittlerweile eher nicht von den Besuchern, sondern auf den Stationen selbst, denken wir an den MRSA.

LG,
Meggy
 
Hallo,

heute bekam ich eine Mail, daß ein neuer Beitrag zu meinem alten Thema eingegangen ist.
Ich habe die ganze Geschichte von damals nochmals gelesen und darüber nachdedacht...

Mein Vater ist am 1.1.07 in der Pflegeeinrichtung gestorben.
Die Kinder haben ihn immer wieder gerne besucht und auch ohne Probleme ihn so akzeptiert (mit Tracheotomie und MS).
In der Pflegeeinrichtung hat man ihn sogar in den Rollstuhl gesetzt und auf den Flur/Aufenthaltsraum gefahren, damit er Kontakt zu anderen Pat. aufbauen konnte.
Er war zum Schluß sogar soweit in der Lage, daß er trotz Tracheotomie gegessen hat- nicht pürierte Dinge, sondern Brot usw.

Weihnachten haben wir zusammen mit der Familie in dem Heim gefeiert. Die Pflegekräfte dort waren sehr sehr nett. Er hatte sogar im Vorfeld den Wunsch geäußert die Kinder beschenken zu wollen... wir haben ihm diesen erfüllt und ihm die Geschenke besorgt.

Am Silvesertabend war meine Mutter bis 1.00 nachts bei ihm und sie haben zusammen mit seinem Zimmernachbarn mit Sekt angestoßen.

Nachmittags des Neujahrtages wollten wir hin- bekamen dann um 11.30 den Anruf, daß er nach dem Frühstück eingeschlafen ist. Ganz friedlich und ohne Kampf. Er hat mir um diese Zeit noch einen Gruß geschickt. Wir hatten Besuch und wollten gerade einen Spaziergang machen und um 11.00 habe ich an ihn denken müssen und wollte ihn anrufen und ihm schon mal ein frohes neues Jahr wünschen- habe aber dann gedacht, daß machst Du nachher persönlich... ja hätte ich ihn man angerufen...

Die Kinder durften ihn nach der Überführung in der Kapelle im offen Sarg liegen sehen. Sie haben ihm Bilder gemalt und Kuscheltiere rausgesucht, die sie ihm mit in den Sarg gelegt haben.

Die beiden haben keinerlei Trauma davon getragen. Heute sind die beiden 8 und 10 Jahre alt und können ganz offen mit dem Them Tod umgehen.

Für meine Kinder und mich war es die richtige Entscheidung und aus heutiger Sicht würde ich es immer wieder genauso machen.

ABER die Entscheidung darüber was richtig oder falsch ist kann einem keine Pflegefachkraft oder OA abnehmen. Das müssen die Eltern überdenken.
 

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