Kinästhetik als Hilfsmittel

Laisy

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22.05.2003
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114
Ort
Düsseldorf
Beruf
Krankenschwester
Akt. Einsatzbereich
Innere Medizin
Funktion
stellv. Stationsleitung
Hallo zusammen!

Mich würde mal interessieren, wie daß mit der Kinästhetik bei Euch im Haus oder auf Station so ausschaut. Schließlich ist das für mich auf lange Zeit gesehen, das billigste und sinnvollste Arbeitshilfsmittel.

Hier also meine Fragen:
Wie schauen bei Euch die Schulungen dazu in der Ausbildung aus?
Bieten Eure Häuser Fort- oder Weiterbildungen hierfür an?
Werden die vom Personal angenommen?
Ist dem Personal bewußt, wie schonend die Anwendung auch für den eigenen Körper ist?
Und letztendlich nutzt Eure Station das Wissen über Kinästhetik im Alltag?

Würde mich freuen, wenn ihr mir alles, was Euch zu diesem Thema durch den Kopf geht, schreibt.

MfG
Andrea
 
Hallo Laisy,

ich bin in der Ausbildung zur Krankenschwester im 5. Kurs. In unserem Krankenhaus bekommen alle Schüler die Teilnahme am Grundkurs Kinästhetik "geschenkt" (230€). In drei Terminen findet der eigentliche Kurs statt. Anschließend gibt es 3 Praxisanleitungen mit unserem Pertutoren, der dann für je ca. 45 min. auf Station kommt, um das Erlernte "live" am Patienten umzusetzen, wobei dieses keine gestellten Situation sein sollen, sondern Mobilisationen, die sowieso hätten stattfinden sollen. Ohne die Praxisanleitungen erhält kein Schüler das Zertifikat. Anschließend gibt es einen 4. Tag, an dem eine Art Zusammenfassung und Reflexion stattfinden soll.
Morgen findet für meinen Kurs der 1.Tag statt und ich bin schon ziemlich gespannt.

*Aries*
 
Hi Laisy,

Ich bin gerade im Unterkurs und die Schule versucht den Grundkurs für Kinästhetik mit in die Ausbildung einfließen lassen. Es wird aber nicht völlig kostenlos sein für die Schüler. Die wichtigsten Inhalte der Kinästhetik werden schon seit mehreren Jahren aktiv in der GKPS gelehrt.
Im Krankenhaus selbst gibt es eine Kinästhetiktrainerin, die regelmäßig Weiterbildungen anbietet, die immer ausgelastet sind. Auf vielen Stationen haben die meisten Mentoren und KS schon einen Grundkurs hinter sich, einige auch den Aufbaukurs. Kinästhetik nimmt also imer mehr Einzug im KH.

Grüße,
Tim
 
Hi Laisy!

Ich bin gerade im 3.Jahr meiner KKP- Ausbildung. Unsere Praxisanleiterin in der Schule ist auch Kinesthätiktrainerin. Den Grundkurs haben wir schon im Einführungsblock der Ausbildung gemacht, bei entsprechenden Unterrichtsinhalten (Lagerung, Atemerleichternde Maßnahemen, ...) und in der Praxisanleitung wird unser Wissen immer wieder vertieft und aufgefrischt. Bei uns ist das allerdings vor allem "Infant Handling".
Die Schulungen, die die Trainerin für die Schwestern anbietet sind denke ich ganz gut besucht.
Dann gibt es da noch so eine Art Arbeitsgruppe, zu der kommen kann wer will, und die spezielle Probleme, z.B. bei Kindern mit Behinderungen, durchsprechen, und nach Lösungen suchen. Sie dient dazu "drin" zu bleiben und dazuzuleren.

Hoffe das hilft dir!

corpax
 
Hallihallo @all,

bin ja nun im Seniorenheim und würde gern kinästhetik weiter anwenden. in der Ausbildung habe ich einige grundkenntnisse mitbekommen aber leider nix handfestes... mein jetziger Arbeitgeber bietet auch keine kurse an. Nun meine Frage: kennt ihr links oder gute Bücher über Kinästethik? Würde mich über tipps von euch freuen.

Thanks

der Morningstar
 
Hallo Morningstar,
wenn Du den Grundkurs gemacht hast ( mit Zertifikat), würde ich Dir zu einem Aufbaukurs raten....
Klar gibt es Bücher etc. ; aber daraus lernst Du es nicht .....

Buchtipp:

Hatch,F. /Maietta, L. Kinästhetik. Gesundheitsentwicklung und menschliche Aktivitäten.
2. Auflage. Urban und Fischer Verlag.

Citron,I. Kinästhetisch handeln in der Pflege.Thieme Verlag.

Link:

www.kinaesthetics.net

Im Institut erfährst Du auch, wo der nächste Trainer in Deiner Nähe ist und wo Du einen Aufbaukurs machen kannst.

LG, Lillebrit
 
Kinästhics schon ein alter Hut...

HAllo,
bei uns im Klinikum werden, insbesondere in unserem Standort, schon seit ca 6 jahren Kurse angeboten.
Bei uns gibt es keinen Mitarbeiter auf Station, der noch keinen Kinästhtik Grundkurs besucht hat. Viele haben auch schon den Aufbaukurs.
Da wir ein Fachkrankenhaus für Lungenkrankheiten und meine Station insbesondere ein Thorax-Gefäßchirurgischer Bereich ist, hat sich mittlerweile eine AG-Kinästhetik gebildet, die Konzepte für die besonderen Erfordernisse in unserem Bereich entwickeln.
Dies hat sich herumgesprochen und wird nun an anderen Standorten des Klinikums entsprechend in anderen Fachabteilungen ebenso durchgeführt.
Ein Kollege erzählte mir, dass vor einiger Zeit seine PDL zu Ihm kam und ihn fragte, warum sie eigentlich keine Dekubitusmeldebögen und auch keine Anforderungen mehr für Wechseldruckmatratzen bekäme?
Seine Antwort: "Haben wir nicht und brauchen wir nicht! Wir haben Kinästhetik!"
Auch wenn es noch niemand gemessen hat, ich schätze Kinästhetik hat unserer Klinik schon ne Menge Geld gespart.
Zusätzlich wird auch Feldenkrais noch angeboten und die Mitarbeiter die dort waren sind ebenso begeistert.
Lieb Grüße
Klaus
 
Hallo Morningstar,

dann bleibt ja jetzt nur noch dieser Teil
mein jetziger Arbeitgeber bietet auch keine kurse an.
zu beantworten.

Dein Arbeitgeber muss es auch nicht selber tun, er kann dich natürlich auch zu einer Schulung an anderem Orte schicken! Such dir einen passigen Kurs aus (Angebote gibts genug, siehe auch Fachzeitschriften) und beantrage die Teilnahme inclusive Übernahme der Kosten bei deinem Arbeitgeber. Wenn das Bremer Beispiel Schule macht, wirst du über Kurz oder lang jährlich deine Fortbildungspunkte auch auf diese Weise einsammeln können (müssen).
 
Hi Zusammen!

Ich wollte mal Fragen, wie präsent die Kinästethik bei euch im Alltag ist. Bei uns steckt das ganze noch ziemlich am Anfang, und manchmal habe ich den Eindruck, dass nur wir in der Ausbildung bei Anleitungen o.ä. das ganze ernsthaft Betreiben. Im normalen Stationsalltag und bei fertigen Schwester sieht man das ganze nicht so oft.

Manchmal komme ich sogar als Schüler in die Situation, einer Schwester einige Sachen in der hinsicht erklären zu müssen. Dabei denke ich immer, dass es ja eigentlich andersherum sein sollte.

corpax
 
Oweia oweia,

ich bin zugegeben ein totaler Kinästhetik-Gegner.

Ich arbeite in einem Krankenhaus, welches mit das erste war, dass das Bobath-Konzept in Deutschland aufgegriffen hat und noch zu Lebzeiten mit Familie Bobath kooperiert hat.

Ich kenne beides, Kinästhetik und Bobath und ich muss leider sagen dass Kinästhetik in vielen Bereichen einfach völlig unphysiologisch ist. Für Pflegende und Patient.

(Beispiel: Aufstellen eines Beines über Außenrotation... AUTSCH sag ich da nur, schön zu sehen wie sich Hüftkopf und -pfanne schön aneinander reiben...)

Ja, ich weiß auch das Bobath-Konzept hat seine Schwachstellen aber zum Glück sind wir gerade dabei Kinästhetik völlig aus dem Unterricht in der KPS zu nehmen!
 
:-?

Hallo Nibbler,
es geht in der Kinästhetik ja auch nicht darum "Schema F" durchzuziehen !!!!
Patient und Pflegekraft sollen ihre Anstrengung reduzieren lernen, die Eigenkontrolle über die Bewegung behalten und auf die Art ihre Gesundheit erhalten!
Es profitieren also alle davon !

Kinaestehtics hiesst übersetzt: die Lehre von der Bewegungsempfindung.
Pflegekräfte werden so geschult, dass sie in Eigenerfahrung lernen,wie sich ein Mensch überghaupt bewegen KANN...also welche physiologischen Bewegungsmuster es gibt.
Vergleicht man dann drei ( gesunde) Kursteilnehmer miteinander stellt man schnell fest, dass sich jeder ein bischen anders bewegt!
Kennt man mehrere Varianten, dann kann man auch variieren.....

Und genau darum geht es: den Patienten so zu unterstützen, dass er selber tun kann...alllerdings so, wie er es selber tun möchte !!!!!

Das revolutionäre an dem Konzept ist eben, dass die Pflegekraft nicht mit einer fertigen Lösung in das Patientenzimmer geht sondern gemeinsam mit dem Pflegeempfänger nach DEM Weg sucht, der für DIESE Person in DIESER Situation der richtige ist.

Kinaesthetics ist nicht für eine spezielle Gruppe von Patienten konstruiert worden.....eingesetzt werden kann es daher in nahezu allen Fachdisziplinen.

Die Ursprünge lagen in der humanistischen Psychologie sowie Elementen des Modern Dance. In Zusammenarbeit mit dem Tänzer John Graham gaben Hatch/ Maietta in den 70er Jahren erstmals Kurse unter diesem ´Namen ....allerdings waren diese eben für Leute, die lediglich Interesse an der eigenen Bewegung hatten.

Auch heute gibt es dieses "ursprüngliche Programm" noch unter dem Begriff " Kinaesthetics Kreatives Lernen".

"Kinaesthetics in der Pflege" entstand erst in den 80er/90er Jahren.
In meinen Augen haben Hatch/ Maietta einen großen Beitrag zur Professionalisierung der Pflege geleistet.
In vielen Häusern werden übrigens mehrere Pflegekonzepte nebeneinander genutzt: Kinaesthetics, Basale Stimulation,Bobath......why not?
Unsere Profession macht es doch aus, dass wir ein breites Wissensspektrum haben und Situationsgerecht das Richtige auswählen können.......:wink:


Lillebrit


 
Das Problem der Kinästhetik (u. a. Konzepte) ist aus meiner Sicht der Weg der Vermittlung. Es wird das Bedürniss der nach (Koch)- rezepten bedient. Ich darf dieses Problem regelmäßig beobachten. Man versucht einen Bewegungsablauf zu zerlegen und beachtet dabei nicht, dass die Grundkenntnisse bei den Teilnehmern ganz unterschiedlich sind. Ergo konzentrieren sich die TN der Kurse auf die Griffe. Das Scheitern am Bett ist vorprogrammiert.
Pflegekonzepte, wie BasStim, Bobath, Kinästhetik passne nicht zu unserer Ausbildung wo es nach Checklisten und Standards geht.

Das eine Schule sich entschliesst, Kinästhetik aus dem Ausbildungsplan zu nehmen, spricht mehr als Bände über die Einstellung der Lehrer zur Kreativität unseres Berufes.

Elisabeth
 
Hallo Elisabeth,

ja, dieses Problem sehe ich auch. In den Grundkursen werden zum großen Teil "Handlings" vermittelt....welche die Kursteilnehmer dann versuchen 1:1 am Bett umzusetzten. Das Scheitern ist vorprogrammiert.....die Enttäuschung groß ...und das Urteil schnell gefällt: das klappt ja eh nicht . :weissnix:

Das Problem an den Schulen ist aber wahrscheinlich auch, dass es eben noch viele externe Trainer gibt, die als Gastdozenten eingeladen werden....dann gibt es nen 3 tägigen Kurs...und dann werden die Schüler wieder damit allein gelasssen.
Die Lehrkräfte der Schulen haben meistens nur einen Grund- manchmal noch einen Aufbaukurs absolviert. Deren Verständnis über Kinaesthetics reicht halt auch nicht weit über das "Erlernen von Handgriffen" hinaus.....*seufz*
habe es auch schon erlebt, dass sich dann einer aus dem Kollegium ( lediglich mit Grundkurskenntnissen) ein Buch kauft, sich "bunte Bilder" anschaut und dann mit den anderen Kollegen in einer Pause "übt wie es richtig geht"....8O
("Damit man dann im Examen auch bewerten kann ob der Schüler das so richtig gemaht hat........" :roll: )

Themen wie die Kinästhetik sollten kontinuierlich während der ganzen Ausbildung in den Unterricht einfliessen!
Auch sollten zwischendurch Sequenzen eingebaut werden, in welchen die Schüler einfach mal einen 8 Stunden Tag nur zum Thema "eigene Bewegungsmuster" erhalten.........

Den Kollegen und Schülern muss aber verdeutlicht werden, dass sie ben nicht Techniken lernen, sondern lediglich ein Denkgerüst an die Hand bekommen, mit welchem sie in der Praxis kreativ und situativ einen Lösungsweg erarbeiten können.

"Kinaesthetics ist keine Lösung- es ist ein Weg Lösungen zu finden "
 
Hallo liebe Kinästhetikinteressierte und auch Gegner,
unsere Auszubildenden bekommen im 1. Semester einen 8 stündigen Crashkurs :( in Sachen Kinästheitk und Bobath.
Für das examinierte Personal besteht die Möglichkeit an einem Grundkurs teilzunehmen (wird gut genutzt). Kinästhetiktrainerin 2.Stufe ist im Haus fest angestellt. Möglichkeiten zur Praxisbegleitung sind gegeben, werden leider nicht sehr viel angefordert (Gründe unbekannt).
Kinästhetikarbeitsgruppen finden dafür regelmäßig statt.

Meine Erfahrung mit Kinästhetik:
Leider verstehen die Meisten es als festes Handlungsmuster und sehen nicht das Individuelle, dass jeder Mensch eigentlich sein eigenes Bewegungsmuster hat. Im Krankenhaus entwöhnen wir den Menschen von seinem Bewegungsmuster, indem wir gemeinsam (meistens) die sogenannten "Hauruckmethoden" zum Transfer benutzen, ohne auf vorhandene Ressourcen zu achten. Fazit ist, wenn zB der Mensch zum Kopfende transferiert werden soll/möchte, hebt er automatisch die Arme, damit wir in die Achseln greifen und anpacken!! Soooo :daumen: haben wir ihn erzogen. Geht ja eigentlich auch schneller, wo wir so wenig Zeit haben.
Doch wie erstaunt sind viele KollegInnen, wie schnell die neu erlernten alten Bewegungsmuster vom Patienten wieder angenommen werden und wie kräfteschonend für unsereins das Bewegen von PatientInnen sein kann.
Trotz meines Grundkurses vor ca. 2Jahren, bin ich immer noch am ausprobieren (eben individuell sein) und gehe manchmal auch mit Rückenschmerzen nach Hause, doch dies viel, viel seltener.
Gruß
Die Jette
 
Hallo,

ich finde nicht, dass die "Hau-Ruck"-Methode schneller geht. Ich muss mir ja erstmal jemanden suchen der mir beim Hochziehen hilft usw.

Das Argument, dass es viel länger dauert lasse ich auch nicht gelten.

Wir haben Kinästhetik-Trainerin in unserem Haus, die AG Kinästhetik gibt es auch.

Sicher ich probiere auch noch immer, zusammen mit dem Patienten, wie es für ihn am besten ist.

Kinästhetik funktioniert eigentlich immer und überall.
Ich setze es auch im Rettungsdienst ein, sehr zur Verwunderung meiner Kollegen.
Weshalb ich einen so schweren Patienten alleine von A nach B transferiere?
Ja ganz einfach, weil es für den Patienten und mich halt schonender ist.

Manchmal bin ich auch Egoist und will halt auch meinen Rücken schonen!

Für die Kollegen sieht es halt manchmal so aus, als ob ich "heben" würde:wink:

Kinästhetik sollte sich durch die gesamte Ausbildung in der Pflege setzen und nicht nur mit einem "Kurs" und dann macht mal.

LG
Narde
 
Hallo narde,

genau das ist es...ich denke auch, dass die Akzeptanz deutlich größer ist, wenn eine Lehrkraft gleichzeitig auch Trainerin ( Stufe II) ist und die Schüler konsequent 3 Jahre lang begleitet. Kommt eine externe Trainerin für einen Grundkurs, dann wird es als etwas "exotisches" angesehen...das macht man mal, und dann geht `se wieder.....:roll:

mann kann den Teilnehmern so auch eher vermitteln, dass es sich im Prinzip um die Vermittlung eines Denkwerkzeuges handelt, welches die Leute befähigen soll, kreative Lösungen zu finden.
Man hat nie ausgelernt.....auch eine Trainerin entdeckt immer wieder was neues!