Insulinperfusoren

Sir Cato

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28.01.2004
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Düsseldorf
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Krankenpfleger
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HKL
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stellv. SL
Moin,

es hat jetzt mehrmals den Fall gegeben, dass wir auf der Station einen Insulinperfusor hatten - jetzt habe ich die Frage, ob dies rechtens ist oder die Patienten eher auf die Intensivstation gehören.
Es ist zwar im Prinzip alles gut gegangen (halbstündlich messen usw.) aber angenommen es hätte an diesen Tagen wirklich gebrannt auf Station, und der Patient wäre so mit dem Zucker abgerauscht, dass er bleibende Schäden davongetragen hätte - was wäre dann geschehen? Wären das diensthabende Pflegepersonal dran gewesen oder die Ärzte, die den Patienten auf Normalstation geschickt haben?
Wir sind uns nämlich so ein wenig uneins auf Station. Ich bin eher der Meinung, dass ein "solcher Patient" auf Intensiv gehört.

Vielen Dank

Sir Cato
 
Hallo Sir Cato!

Ich arbeite auf einer Intensivstation und kann dir sagen, dass wir bei Patienten mit Insulinperfusor keine halbstündlichen Blutzuckerkontrollen durchführen. Ihr habt also bereits sehr gründlich gearbeitet, um nicht zu sagen übergründlich
(Hilfe, das sind ja immerhin ca. 48 Stixe pro Tag, die armen Fingerkuppen des Patienten!)

Warum hat der Patient einen Insulinperfusor gehabt? (Ja klar, er hatte einen hohen Zucker :wink: ) Ich meine, kam der Patient bereits mit einem diabetischem Koma? Dann würde ich ihn in der Tat als intensivpflichtig einschätzen. Andernfalls ist nur ein hoher Blutzucker keine Intensivindikation (meiner Meinung nach).
Warum konnte der Zucker nicht durch Boli-Gaben von Alt-Insulin gesenkt werden bzw. durch Langzeitinsuline niedrig gehalten werden?

Wenn es an diesem Tag bei euch auf Station "gebrannt" hätte, dann hättet ihr euch konkret an den Arzt vom Dienst wenden müssen, um ihn auf die nicht ausreichende Betreuung aufmerksam zu machen.
Bestanden konkrete Anordnungen bezüglich der Häufigkeit der Blutzuckerkontrollen?


Gruß,
Trine
 
Hallo,


Sir Cato – Hut ab! Alle halbe Stunde eine Blutzuckerkontrolle – Autsch – alleine der Gedanke daran schmerzt.

Warum ein Insulinperfusor und kein Altinsulin?

Wie ging es dem Patienten klinisch?

Ich arbeite auch auf einer Intensivstation – und bin ein klein wenig verwundert über euren Insulinperfusor. Aber eine Blutzuckerkontrolle rechtfertigt auch meiner Meinung nach nicht die Intensivstation.

Aus der Ferne hat man vielleicht gut Reden. :wink: Daher die Frage – wie ging es dem Patienten klinisch.

Halbstündliche Blutzuckerkontrollen sind aber auch bei uns sehr, sehr selten. Stündlich ja – aber halbstündlich!


Liebe Grüße aus Wien

Gaby
 
Zwar schreib ich auch aus dem Ausland, aber wir behandeln selbstverständlich Patienten mit Insulin-Perfusoren auf der allgemeinen Station, nicht in einer Funktions-Abteilung. Hat sich da was dran geändert oder ist in Deutschland noch immer der Arzt verantwortlich für seine Anordnungen? Wenn dem nämlich immernoch so wäre, müßte der Arzt in angemessenem Rahmen Blutzucker-Kontrollen vorschreiben. Hinzu kommt die Frage ob die Verantwortlichkeit für eine Blutzuckermessung nicht durch MitarbeiterInnen des Laboratoriums abgedeckt werden kann. Ich sehe hier zwei wesentliche Punkte, bei denen Ihr in andermans Gewässern fischt. Und vor lauter Streß kommt zu kurz, was dann Euren Fisch ausmacht: Krankenbeobachtung.
Im Übrigen darf ich doch annehmen, daß im tatsächlichen Brandfalle Eure Abteilung evakuiert würde und in diesem Falle sind wirklich genügend erfahrene KollegInnen vom Roten Kreuz, den Samaritern, Johannitern und dem THW zur Stelle, die über hinreichende Routine verfügen um hier adäquat drauf zu reagieren.
Bei der Aufregung in einem Brandfall, beziehungsweise bei Lebensgefahr kommt übrigens ein wichtiger Schutzmechanismus zum Tragen: Der Blutzucker steigt, damit der Körper nötige Reserven zum Verbrennen hat. Und wenn da eine Insulinpumpe angeschlossen ist, gelangt die Glucose auch noch in die Zelle zum Verbauch, sprich: Alles läuft nach Wunsch und der Patient dürfte eigentlich nicht hypoglykaemisch werden.
Bleibende Schäden, um zum Schluß zu kommen, könnten allerdings entstehen. Und zwar durch die halbstündlichen Blutzuckerkontrollen (und durch mögliche Rauchgasvergiftung bei unterlassener Evakuierung! :wink: ).
Das ist bei der ohnehin verschlechterten Kapillardurchblutung bei Diabetikern meines Erachtens ein Pflegefehler! Wenn hierdurch bleibende Schäden entstehen, sind diese ganz sicher durch die verantwortlichen Pflegekräfte zu tragen.
 
Auch bei uns haben Patienten, die einen schwer eizustellenden Diabetes haben anfangs oft einen Actrapidperfusor. Ich sehe keinen Grund warum ein solcher Patient auf einer Intensivstation liegen sollte, diese sollte für wirklich kritische Fälle freigehalten werden. Auch wird bei uns nicht alle 30 (!) Minuten der BZ kontrolliert, 4-6 mal täglich reicht doch, wenn der Perfusor ordentlich eingestellt ist oder?
 
Hallo,

bei uns auf Stat. läuft es in Hinsicht auf Insulinperfusoren so ab, wie bei Franz.
Bin auch der Meinung, dass Pat. mit entgleistem Diabetes nicht zwangsläufig auf ITV gehören, wenn sie an einem Insulinperfusor liegen.

Carmen
 
Moin,

ich bin ja erstaunt, weiviele Rückmeldungen es innerhalb von so kürzester Zeit gebracht hat, und da fühle ich mich ja zwangsläufig zu verpflichtet zu antworten:

@Trine:
das mit den 48 Stixe am Tag haben wir uns auch gedacht; da liess aber der AvD(arzt vom Dienst) überhaupt nicht mit sich reden, sondern fuhr direkt(!!!) mit dem Argument Pflegedienstleitung auf. Das haben wir dann mal so stehen lassen.
Wie gesagt, dieser Arzt hat nicht einmal mit sich reden lassen, und er hätte die Patientin auch nicht verlegen lassen.
(es waren vier von acht Betten auf Intensiv frei)
Die Patientin hatte einen Eingangszuckerwert von knapp 600mg/dl(das relativiert zumindest die Anordnung des Perfusors/für mich gilt aber hier schon fast das diabetische Koma), zusätzlich war sie vor drei Tagen zu hause gestürzt, hatte diverse Dekubiti und Verbrennungen durch das Hin- und Herbewegen auf ihrem Teppich und zu allem Überfluss war die Dame bei einem Alter von 92 Jahren sehr exikiert.

@Gaby:
Perfusor wegen des ~600er Wertes
Klinik siehe oben
Es sollte auch nicht heissen, dass ich die Patientin alleine wegen der BZ-Kontrollen auf die Intensivstation haben wollte, sondern wegen des Perfusors.
Ich glaube nämlich (Yrrglauben versetzt schließlich auch Berge), dass die Patientin einfach besser überwacht gewesen wäre auf einer Intensivstation.

@Torenpad:
*der Doc ist immer noch (leider) verantwortlich für die Anordnungen
*unsere Laborantinnen (wir haben tatsächlich nur Damen) machen isch doch schon ins Hemd, wenn sie VIERMAL messen müssen; dann erfolgt direkt ein Anruf, ob denn nicht unser Nachtdienst den vierten BZ messen könnte
*das mit dem Pflegefehler möchte ich so dahingestellt lassen, denn solange meine Pflegedienstleitung in solchen Fällen nicht hinter dem Pfelegpersonal steht, sondern immer noch altehrwürdig meint, dass Ärzte Halbgötter in weiss seien, atme ich bei solchen Anordnungen erst einmal tief durch, schreie kurz für mich alleine "schei..." und führe sie dann aus

@Franz2:
Prima:
vier bis sechsmalige Kontrolle bei einem Insulinperfusor halte ich dann für sehr kritisch; vielleicht ist mir in diesem Moment aber auch die Gefahr zu gross, dass mir der Patient abrauscht oder nach oben entgleitet; zweistündlich halte ich(!) für okay, trotz meiner Aversion gegen Insulinperfusoren.

@all:
Habe heute mal mit unserer angegliederten Schule und mit derjenigen gesprochen, die für die Fortbildungen zuständig ist.
Deren Meinungen waren vollkommen unterschiedlich:
Schule: Nein, kann auf Normalstation gemacht werden
Fortbildung: Unbedingte Aufnahme auf Intensiv, egal wie krank.

Jetzt bin ich noch verwirrter!!! :cry:

Vielleicht sollte ich aber noch erwähnen, dass es dieser Dame mittlerweile wieder gut geht, ihr Diabetes sehr gut eingestellt wurde.
Die restlichen Insulinperfusoren kann ich weiter nicht beschreiben, da ich mich jetzt in einem wohlverdienten(?!) Urlaub befinde.

Liebe Grüsse Sir Cato
 
Sir Cato schrieb:
da liess aber der AvD(arzt vom Dienst) überhaupt nicht mit sich reden, sondern fuhr direkt(!!!) mit dem Argument Pflegedienstleitung auf.
In dieser Situation würde ich Dir dringend empfehlen, dazu einmal die Meinung der PDL einzuholen. Stell Dir mal vor, sie stünde hinter Euch (Was man von einer guten PDL zunächst ruhig erwarten darf). Dann könntest Du ihm beim nächsten Mal gleich den Ball zurückspielen. Übrigens ein deutliches Zeichen von Schwäche, wenn er so reagiert! Zudem scheint er Euch nicht als Professionals zu akzeptieren, da müßt Ihr dringend etwas dran tun, zum Beispiel in Dialog treten! Eine Betriebskultur, in der Drohungen ausgesprochen werden, ist äußerst ungesund!
Sir Cato schrieb:
Die Patientin hatte einen Eingangszuckerwert von knapp 600mg/dl(das relativiert zumindest die Anordnung des Perfusors/für mich gilt aber hier schon fast das diabetische Koma), zusätzlich war sie vor drei Tagen zu hause gestürzt, hatte diverse Dekubiti und Verbrennungen durch das Hin- und Herbewegen auf ihrem Teppich und zu allem Überfluss war die Dame bei einem Alter von 92 Jahren sehr exikiert.
Die Exsikkose relativiert den Blutzuckerwert wieder deutlich, ebenso wie die Decubiti und das zugrundegehen von Gewebe. Sinnvoller und wichtiger als eine Insulinpumpe und bestimmt als eine halbstündliche BZ-Kontrolle dürfte die Rehydrierung sein. Selbstverständlich äußerst vorsichtig wegen möglicher Dekompensation.
Letztlich empfiehlt sich ein deutliches Gespräch mit den Angehörigen, denn immerhin hatte die Dame drei Tage in ihrer Not auf dem Boden zugebracht, hätte tot sein können. Da stimmen die Beziehungen in der Familie nicht. Außerdem sollte eine adäquate postklinische Versorgung und Kontrolle frühzeitig vorbereitet und gesichert werden.
Noch einige abschließende Fragen: Wie denkt man derzeit in Deutschland oder sagen wir, bei Euch an der Arbeit, über die IC-Indikation eines Patienten mit derart hohem Alter und einer solchen Gebrechlichkeit? Strebt man da wirklich noch danach, solch einen Patienten in die Gelegenheit zu stellen, auch um die möglichen Folgen einer Intensivmedizinischen Behandlung, drei-, vier-, fünfundneunzig werden zu lassen? Und wo endet hier der Weg? Wenn der Patient beatmungspflichtig wird? Oder reanimationspflichtig? Sollte man in einem solchen Fall nicht sagen dürfen, man geht nicht weiter als eine maximal konservative Therapie auf der Normalstation? Wie denkt Ihr darüber?
 
Hallo,

wir haben oft Insulinperf. auf Station, aber aufgrund der hohen SoluDecortingaben. Meist machen wir 4-6-8h Kontrollen je nachdem wieviel Cortison der Pat. bekommt.
Manchmal bestimmen wir den Zeitpunkt der BE auch selbst, meist im SD oder ND, dies dient zur eigenen Sicherheit.
Einen Insulin Plan haben wir, Vorgegeben von den Ärzten, an den wir uns halten, die sind manchmal insuffizient, da ist dann RS mit dem diensthabenden Arzt geboten.

1/2h Kontrollen halte ich für Übertrieben, dies kann auf einen normalen Station garnicht gewährleistet werden, wie war die Begründung des Arztes und was sagen die Erfahrenden Internisten dazu?

Gruss

Frank Fischer