Manchmal verfluche ich sämtliche Medizin und Technik, wenn man nämlich ein total unreifes Frühgeborenes vor sich liegen hat und es auf Gedeih und Verderb therapieren muß. Wir haben auf meiner Station zur Zeit so einen Fall. Ein Frühchen der 22. + 3. SSW., keine Lungenreife, Spontangeburt, Hirnblutung 4. Grades beidseits, V.a. NEC, Hautläsionen überall usw. usw.
Bei solchen Fällen ist es für eine Kinderkrankenschwester schwer den Sinn der Therapie zu begreifen.
Hallo und ich hoffe, es ist in Ordnung, dass ich mich als Laie hier beteilige. Wahrscheinlich liest die Zitierte dies hier gar nicht mehr, aber es ist mir ein Bedürfnis zu antworten.
Mein Sohn wurde in der 26.SSW geboren, Agpar 0/1/3, 2 Reanimationen direkt nach der Geburt (eine 20min). Die ertsen Tage ging es aufwärts, dann Hirnblutung 1. und 4. Grades, ab diesem Tag ging es ihm zusehends schlechter. Er starb nach 9 Tagen. Soweit die reine Info.
So unendlich dankbar wir den Schwetsern und den Ärzten sind, dass sie alles menschenmögliche für unseren Sohn getan haben, erleichtert es mich sehr, in diesem Thread auch mal Zweifel zu lesen, sehe es also ähnlich wie Andrea (s.o.). In den seinen letzten Tagen war es unglaublich schmerzhaft zu sehen, was er durchmachte. Ich hatte das erdrückende Gefühl, er wollte und konnte nicht mehr und ich selbst spürte eine tiefe Hoffnungslosigkeit. Hat auch die Verzweiflung über seine Blutung eine Rolle gespielt? Mag sein, es ging einfach zu schnell, um alles emotional zu verarbeiten. Trotzdem bin ich sehr sicher, dass ich seine Signale gespürt habe.
Ich hatte das Glück, dass ich ab dem ersten Tag sehr starke Muttergefühle hatte und ich habe ihn sehr geliebt und tue das immer noch. Und trotzdem habe ich mir vor seinem Tod gewünscht, dass er endlich gehen darf. Er konnte und wollte einfach nicht mehr. Ich verstehe, dass die Ärzte alles für das Überleben tun, aber es sollte kein Tabu sein, dass auch auf einer Neointensiv der Tod eine Erlösung sein kann. Zum Glück musste ich nicht über die Abstellung von Geräten entscheiden, ich weiß nicht, ob und wann ich die Kraft zu so einer Entscheidung gehabt hätte. Aber wir haben uns deutlich gegen jede weitere Reanimation ausgesprochen und das war schon schwer genug, wenn man mit Menschen konfrontiert ist, die diesen Wunsch nicht nachvollziehen können.
Ich hoffe so sehr, dass ich im Sinne meines Sohnes gehandelt habe, aber es bestärkt mich, wenn ich auf eine Erfahrung wie hier im Thread stoße, so selten diese Äußerungen und Bedneken auch sind.