Hallo, Ente,
in einem Punkt hast Du definitiv recht: dass für einige Patienten eigentlich eine 1:1 Betreuung gebraucht würde

, die aus finanziellen Gründen meist nicht möglich ist. Ich arbeite nur an der Basis, ich weiss aber, dass die Siztwachen für eine Klinik oft sehr teuer sind und deshalb nicht immer zu ermöglichen sind. Leider

!
Zum Thema "Konflikt Fixierung oder ("Bedarfs-"/ "Zwangs-") Medikation": Es besteht in meinen Augen ein grosser Unterschied zwischen Bedarfs- und Zwangsmedikation.
Die Zwangsmedikation muss genutzt werden, wenn sämtliche Frühwarnzeichen einer Eskalation nicht erkannt wurden. Dann muss der Patient "Zwangsmediziert" werden. Er muss dazu aber in einem extremen Zustand Innerer Aufruhr sein, sodass er nicht mehr auf eine vernünftige Art und Weise zu erreichen ist. Zwangsmedikation ist das ALLERletzte zur Verfügung stehende Mittel.
Auf die Unruhereserve oder aber "Bedarfsmedikation" wird in meinen Augen zurückgegriffen, wenn ein Patient nach Hause möchte und den Drang bekommt, eine Innere Rastlosigkeit zu entwickeln. Sobald die ersten Frühwarnzeichen zu erkennen sind, kann hiermit der Rastlosigkeit entgegengesteuert werden, was einem angetriebenen Menschen nicht selten sogar eine Erleichterung verschafft (also nicht nur dem Pflegepersonal, weil es angeblich einfacher ist, sondern in erster Linie dem Patient

. Als Pflegeperson habe ich danach alle in meiner Macht und zur Verfügung stehenden Mittel auszuschöpfen, um mögliche Stürze zu vermeiden. Wenn ich weiss, dass ich einem Patienten Unruhereserve gegeben habe und die Klingelmatte installiert ist, muss ich wie der Blitz auf der Glocke sein, was mir bisher immer möglich war. Hier kann auch die Türe aufgelassen werden uvm., ich hatte bisher immer Möglichkeiten. Im Gegenzug dazu sind schon Patienten bei mir ohne Unruhemedikation gestürzt -> Ergo: Stürze in einem bestimmten Alter sind nicht zu vermeiden

).
Wenn Du einen Patienten in unruhigem Zustand wählen lässt zwischen einer Tablette, damit er weniger Unruhe verspürt oder einer Fixierung am Bett, ist denke ich klar, was er wählen wird. Ich denke, die wenigsten würden sich für eine Fixierung entscheiden, in der sie nicht trinken können wie sie wollen, in ihre Einlagen machen müssen (nicht selten sind die unruhigen Patienten ja dement, sodass sie die Glockenbedienung nicht ganz verstehen können). Hier hängt es jetzt auch sehr ab, welchen Patienten ich vor mir habe: ist er jung und compliant, "wählt" er sogar manchmal die "härteren" Methoden und eine Fixierung ist vor allem zum Fremdschutz angezeigt.
Ist er ein altes Menschlein, wird er vermutlich froh sein um das letzte bisschen Autonomie und Würde. Und die ganze Zeit im Bett behalten mit Fixierung ist ja auch keine Lösung des Problems Sturzgefahr, finde ich. Die Logik hinkt doch auch völlig in sich...
Ich habe hier noch zwei interessante Artikel gefunden zum Thema Fixierung:
Isolierung versus Fixierung, die aber ganz klar aufzeigt, dass Fixierungen ein psychisches Trauma darstellen (Stürze auch, aber nicht auf der Ebene wie bei Fixierungen. Eine Patientin wurde immer wieder von derselben (interessant hierbei :-O) Schwester fxiert. Wenn diese kam, rief die Patientin immer nur noch: "Ich will nicht wieder gefesselt werden"...

Geht gar nicht! Ich musste dieselbe Patientin interessanter weise nie fixieren und sie war bei mir auch immer völlig entspannt. Zum grossen Teil auch ohne Unruhereservemedikation.)
Zwang in der Psychiatrie: Das letzte Mittel - SPIEGEL ONLINE
Klinik-Zwangsmaßnahmen: Gurte und Gitter gehören zum Alltag - SPIEGEL ONLINE
Da hat es einige interessante Statements drinnen

...
Das wurde jetzt lang, ist aber auch ein grosses Thema, finde ich
