Es lebe die Privatisierung der Krankenhäuser!

Zitronenmelisse

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20.04.2012
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56
Ort
Norddeutschland
Beruf
Gesundheits- und Krankenpflegerin
Guten Tag zusammen!

Hier gibt es ja schon einige Threads, in denen sich Pflegekräfte Luft machen, und nun stoße ich auch dazu...

Seit einigen Monaten gehört unser Krankenhaus einem großen Privatkonzern, der - wie nicht anders zu erwarten - vor allem darauf bedacht ist, den Gewinn zu steigern und die Aktionäre glücklich zu machen. Nennt man freie Marktwirtschaft, was der Gesundheitssektor darin verloren hat, werde ich wohl nie verstehen - aber das würde hier den Rahmen sprengen...

Nun ist es so, dass seitdem die Stimmung im Haus und damit auch bei uns auf Station das Niveau unseres Leichenkellers erreicht hat. Zunächst wurden sämtliche Serviceverträge gekündigt , die Kündigungen kamen per Taxi in Blümchenumschlägen (kein Witz!). Das Bild, das dieser Privatkonzern von seien Mitarbeitern hat, wird dadurch ja schon mehr als deutlich...

Das zeigt sich auch im Alltag, wie ich an ein paar Beispielen zeigen will:
  • Wir haben neue Arbeitszeiten eingeführt, die es vonnöten machen, dass jede Vollzeitkraft 1,4 Tage pro Monat mehr arbeitet, um auf die Stunden zu kommen. Ist ja praktisch, so kann man natürlich Personal sparen! Dass der Betriebsrat dem einfach so zugestimmt hat, ohne die Mitarbeiter auch nur zu fragen, irritiert mich sehr, denn bisher hatten wir stets sehr viel Rückhalt von dieser Seite.
  • Schüler sollen "gewinnbringend" (Zitat eines Rundbriefes) eingesetzt werden. Sämtliche "unsinnigen" Einsätze wurde gestrichen, z.B. Dialyse, Intensiv, Hospizdienst, Weaning - Schüler ersetzen mittlerweile bei uns die zweite Examinierte Nachtwache! Praxisanleiter werden fast nicht mehr freigestellt für Anleitungen etc., dass muss alles nebenbei laufen. Letzte Woche wurde eine der sehr selten Anleitungen nach zwei Stunden unterbrochen, da die Schülerin von der PDL auf eine andere Station berufen wurde! Auf den Hinweis, dass sie gerade Anleitung hat kam die Antwort: "Dann kann die Praxisanleiterin ja Überstunden abbauen!" Natürlich, wieso sind wir da nicht selber draufgekommen...
  • Servicekräfte gibt es pauschal nicht mehr fest für die Stationen. Auch wenn deren Kündigungen zurückgenommen worden sind, sind die meisten nun Springer und werden nach Bedarf eingesetzt. Die zusätzliche Arbeit bleibt an uns Pflegekräften hängen.
  • Reinigungskräfte sollen "auf Sicht" putzen. Das bedeutet, dass sie z.B. auf den Tischen liegende Gegenstände nicht anheben müssen, sondern drumherum wischen dürfen (offiziell!) - den den Dreck darunter sieht man ja nicht. Was ich besonders bedenklich finde: Das gilt auch für Isozimmer...
  • Es hagelt derzeit massiv Beschwerden von Angehörigen aufgrund der Sauberkeit der Zimmer (wie überraschend...) und des Umgangstones der Personals (auch untereinander). Und was ist die Lösung? Wir sollen uns gegenseitig beobachten und ggf. besonders "auffällige" Kollegen melden.
  • Seit Januar sind knapp 8 Kollegen gegangen, die natürlich nicht ersetzt worden sind. Die zusätzliche Arbeit bleibt auf unseren Schultern liegen, wie sollte es auch anders sein? "Geht schon irgendwie", sagt unsere PDL - die darf gerne bei uns hospitieren...

Fühle mich ein wenig wie die Personen in 1984... Jeder überwachte jeden und wehe einer tanzt aus der Reihe... :schraube:

Nun bin ich für mich an einem Punkt angelangt, an dem ich nicht mehr kann. Habe seit Wochen massive psychische und psychosomatische Beschwerden, die mich im Alltag stark einschränken. Bin nun erstmal krank geschrieben, in dieser Zeit werde ich mir Alternativen suche, so halte ich das nicht mehr lange aus...

Bin mittlerweile ziemlich desillusioniert, im Krankenhaus zählen Profit, Zahlen, Dividenden - das Leid der Menschen ist total egal... Bin ratlos, wie das weitergehen soll, warum gibt es keinen massiven Aufstand? Es scheint ziemlich vielen Leuten egal zu sein, auch unter den Kollegen gibt es wenig bis gar kein Elan, wenigstens etwas zu versuchen, z.B. für mehr Personal einzustehen... Es werden ja nicht einmal Überlastungsanzeigen geschrieben, mit den Begründungen: "Es bringt doch eh nichts" und "Ich möchte nach dem Dienst nur nach Hause und nicht noch sowas schreiben"... Man rennt gegen Mauern.

Naja, das wollte ich mir einmal alles von der Seele tippen.

Lieben Gruß,
Zitronenmelisse
 

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Es tut mir sehr leid, was Du erleben mußt!!! Gäbe es denn Alternativen? Dann nutze sie, Ich denke, daß das der Weg sein wird. Ich glaube nämlich nicht, daß sich die Bedingungen für Euch / Dich ändern werden. Sie werden eher noch frustrierender. Was mich total entsetzt: 1984....
Ist denn schon jemand auf den Gedanken gekommen, die Presse einzuschalten? Die hygienischen Zustände würden doch eine Angriffsfläche bieten, oder?
 
Das macht ja Mut...:-?Aber war nicht anders zu erwarten. Ach wie freue ich mich auf meine Ausbildung in der privatisierten Uniklinik...werde zu gegebener Zeit davon berichten. Wünsche dir jetzt erstmal neue Kraft und vor allem, dass du an einem anderen KH eine Stelle findest, die menschenwürdigere Bedingungen mit sich bringt.:smlove2: Sei froh, dass du nicht mehr so weitermachen kannst, der Wille für eine Veränderung kommt dann doch fast von allein. In diesem Sinne alles Gute!!!!Lass die Sch***** hinter dir!
 
Je eher man den Gegebenheiten ins Auge sieht, desto weniger Kraft vergeudet man. Die braucht man aber, um sich um eine andere und vielleicht sehr viel bessere Stelle zu kümmern oder aber andere Alternativen zu finden, an die man bisher noch gar nicht gedacht hat. In meinem Leben war die größte Sch... immer zu etwas gut!!!
 
Ist denn schon jemand auf den Gedanken gekommen, die Presse einzuschalten? Die hygienischen Zustände würden doch eine Angriffsfläche bieten, oder?
Wie war das mit der Loyalitätspflicht gegen den AG? Da du PDL bist, kannst es mir sicher erklären. Nach meinem Verständnis ist das nicht so einfach, ohne dass ich mich um Kopf und Kragen bringe.

Ich denke sogar, dass Zitronenmelisse hier überlegen sollte was sie schreibt, bekanntlich hinterlässt man nirgendwo so viele Spuren wie im Inet.
Wieviele privatisierte Kliniken mit Frühreha wird es in SH wohl geben?

Zitronenmelisse wäre auch nicht der erste User der mit seinem AG Probleme bekommen hätte, auch durch das Mitlesen von AG's im Forum, soll schon vorgekommen sein, dass sowohl PDL als auch Geschäftsführung hier gelesen haben. Dann noch 1 + 1 zusammen rechnen und schon kann ich ggf. Zitronenmelisse als Pfleger/Schwester XY von Station 12345 finden.

Ob deine Idee so gut ist liebe Squaw das an die Presse zu geben?
Die Idee sich in aller Ruhe einen neuen AG suchen finde ich deutlich sinnvoller.
 
Ist denn schon jemand auf den Gedanken gekommen, die Presse einzuschalten? Die hygienischen Zustände würden doch eine Angriffsfläche bieten, oder?
damit meine ich selbstverständlich die angehörigen. übrigens gibt es auch klinikketten, die da bereits massive schwierigkeiten hatten. größere, als sie jemals dachten. und das hat ihrem image gar nicht gutgetan.
Außerdem, Narde- wie war das doch gleich mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung?
Und: Pflichten aller Art aus dem Arbeitsvertrag haben beide: Arbeitnehmer und Arbeitgeber...
 
Zitronenmelisse wäre auch nicht der erste User der mit seinem AG Probleme bekommen hätte, auch durch das Mitlesen von AG's im Forum, soll schon vorgekommen sein, dass sowohl PDL als auch Geschäftsführung hier gelesen haben. Dann noch 1 + 1 zusammen rechnen und schon kann ich ggf. Zitronenmelisse als Pfleger/Schwester XY von Station 12345 finden.

Den Einwand kann ich verstehen. Dennoch stelle ich mir es schwer vor zu beweisen, dass ausgerechnet Pfleger/in XYZ hinter meinem Synonym steckt. Da sollte sich andere Kollegen von mir eher vorsehen, die posten gerne mal Fotos vom Stationsgeschehen bei Facebook (Patienten etc. sind darauf nicht zu sehen). Finde ich selten dämlich, sowas zu posten...

Ansonsten bin ich fleißig auf der Suche nach Alternativen. Hab schon einige in die engere Auswahl genommen. Eine Alternative wäre eine Reduzierung auf 75% + ein 400€-Job, der absolut nichts mit Pflege zu tun hat. Ich werde in 24 Monaten (klingt besser als 2 Jahre :lol: ) anfangen zu studieren, von daher habe ich eine langfristige Perspektive, die mir Halt gibt. Dennoch muss ich meine momentane Belastung deutlich reduzieren!
 
Wenn du dich sicher fühlst ist es ja ok, kam dann schon mancher User und wollte seine Beiträge gelöscht haben.
Sind sicher auch ettliche bei dir vor einem Jahr in etwa dort angefangen haben.

FB und Bilder - mutig.
 
Es kommt wohl immer darauf an, was wer wie sagt oder schreibt...
 
Wenn die Vorwürfe stimmen, dann wäre der Arbeitgeber nicht besonders schlau, wenn er den Arbeitnehmer angreift. Denn dann käme das Ganze doch erst recht in die Öffentlichkeit.
Die Pflicht zur Loyalität meinem Arbeitgeber gegenüber bedeutet ja nicht, dass ich Dinge vertusche, die nicht in Ordnung sind.
 
"Die Verwendung eines Pseudonyms ändere daran nichts, da der Kläger als Autor identifizierbar gewesen sei..."

Caritas-Mitarbeiter entlassen: Papstwitze sind legaler Kündigungsgrund - Panorama | STERN.DE
Da ist aber der Sachverhalt ein ganz Anderer.
Wenn die Vorwürfe stimmen, dann wäre der Arbeitgeber nicht besonders schlau, wenn er den Arbeitnehmer angreift. Denn dann käme das Ganze doch erst recht in die Öffentlichkeit.
Manche AG sind eben nicht besonders schlau. Beweißt ein seitenlanger Thread in einem benachbarten Forum.
 
... mich würde die Betriebsratgeschichte noch einmal interessieren. Der ist also "mitgekauft"? Gibt es da von Gewerkschaftsseite nicht Ansatzpunkte?
Das Zitronenmelisse mit dem Haus abgeschlossen hat, ist ersichtlich - auch da eine Zukunftsperspektive in 2 Jahren da ist. Was ist aber mit denen, die bleiben müssen, den Patienten?
 
... mich würde die Betriebsratgeschichte noch einmal interessieren. Der ist also "mitgekauft"? Gibt es da von Gewerkschaftsseite nicht Ansatzpunkte?

"Mitgekauft" ist übertrieben, aber es gab Unstimmigkeiten, wie beispielsweise die neuen Arbeitszeiten. Plötzlich hingen überall Zettel über die neuen Zeiten aus, ohne Vorabinformationen. Offiziell ist es nur ein Probelauf bis Ende des Jahres, und es sollen noch Fragebögen dazu an die Mitarbeiter verteilt werden, allerdings ist seit Wochen nichts passiert.

Das Zitronenmelisse mit dem Haus abgeschlossen hat, ist ersichtlich - auch da eine Zukunftsperspektive in 2 Jahren da ist. Was ist aber mit denen, die bleiben müssen, den Patienten?

Das frage ich mich auch. Die Unruhe bei uns ist sehr groß, ich glaube, dass momentan niemand wirklich gerne zur Arbeit geht. Einige machen noch "Dienst nach Vorschrift" und mehr nicht, andere wiederum reden ständig davon, dass früher alles besser war, versuchen aber nicht, sich für bessere Bedingungen einzusetzen. Das ist ja das Schlimme, man fühlt sich diesem Konzern total ausgeliefert! :evil:
 
Die Umstellungen nach der Privatisierung sind wirklich enorm und umfangreich.

Wir waren damals auch sehr irritiert und manches was ich in diesem Tread lese kommt mir sehr bekannt
vor.
Natürlich, denn uns erging das nach dem Klinikverkauf nicht anders. Wir waren alle verunsichert und irritiert.

Nachdem wir das Gesamtergebnis der Umstellungen nun nahezu sehen können, stelle ich wirklich fest.
"Nichts wird so heiß gegessen wie gekocht"

Die Umstellungen sind wirklich sehr gravierend gewesen und sahen zunächst oft nach einer Verschlechterung
aus.

Letztlich im Gesamtbild ist etliches für das Pflegepersonal auf den Stationen deutlich besser geworden.

In der "Abspeckphase" sah das danach überhaupt nicht aus.

Ich will nun die privatisierten Klinken nicht unbedingt hochjubeln, aber manche Prozesse, hätten schon
viel früher vollzogen werden müssen und wurden durch einen Wasserkopf an Verwaltung verschleppt und
verhindert und das meißtens einseitig zu Lasten des Pflegepersonals.

Das war verbacken und festgefahren bis zum Abwinken und alle Umorganisationen verliefen so, daß im Endeffekt
das Personal am Patienten direkt Abstriche machen mußten.

Schaut man sich die Bewertungen der besten Kliniken in Deutschland an, dann spricht das Endergebnis tatsächlich
für sich.
Ein Beispiel:

Ich war damals zb. auch etwas schockiert, als es für die Raumpflegerinnen, die eine Anzahl von Stationen in einer kurzen
Zeit schaffen mußte hieß: " Auf Sicht putzen."
Im Endeergebnis gab es einen Putz und Desinfektionsplan der strikt eingehalten werden muß, der aber auch für die Raumpflegerin zu schaffen ist, ohne Abstriche
zu machen. Und es gab anderes Personal, ( das sich aus den freiwerdenden Kapazitäten ergab), daß für die augenscheinlich liegengebliebene Arbeit
abgestellt wurde.

Das läuft anfangs etwas ruckelig an und es muß sicherlich vieles nachgebessert werden.

Allerdings lassen die sich nicht weiter in der Umorganisation blockieren.
Das ist wirklich im Ergebnis ersteinmal knallhart durchorganisiert.

Letztlich hat sich das Arbeiten in der Krankenpflege für mich verändert.
Mit nur wenig Personal mehr wäre das sogar ideal.

Es wird sich sehr eng an die Arbeitsgesetze gehalten,sodaß zb Sachen durchgesetzt wurden, die
der Betriebsrat in den letzten Jahrzehnten nur auf dem Papier umgesetzt bekam und bei denen sich
sonst nicht viel bewegte, außer daß es ein neues Rundschreiben gab.

Das Arbeitstempo hat enorm angezogen. Das war aber auch zu den Zeiten unter einem
öffentlichen Arbeitgeber für mich nicht anders. Allerdings kann sich nun keiner mehr aus diesem
Prozeß herausnehmen.
Etliches ist einfacher geworden durch die Umorganisation.
Es läuft meißtens nur da nicht rund, wo Mitarbeiter an den alten Strukturen festhalten.

Vorher wurden die Probleme zwar andauernd benannt und immer wieder besprochen, aber bewegt
hat sich überhaupt nichts.

Heute bewegt sich etwas. Und auch meine Arbeit sieht so aus, daß ich nicht mehr mit berufsfremden
Tätigkeiten zugepackt werde.
Das was ich zu arbeiten habe, ist tatsächlich mein Job, auch wenn es etwas viel für eine Person ist.

Mir packt nicht mehr jede stationsferne Abteilung ihre Lauf- und Botengänge aus, bei denen die sich nicht
von ihrem Platz wegbewegen wollen, sondern für alle diese Tätigkeiten gibt es nun Personal, daß
durch die Umstrukturierungen frei wurde.

In der Umstrukturierungsphase hatte ich auch oft eine dicke Halsschlagader.
Heute aber nur noch, wenn mir jemand anderes seinen Job zuschieben möchte oder versucht aufzupacken,
weil das zeitlich nicht drin ist diese Nebenarbeiten wieder mit zu übernehmen.
Das wird natürlich immer wieder versucht und das Pflegepersonal hat es auch immer noch im Kopf, für
alles springen zu müssen.
Wenn man das dahin zurücksortiert, wo es hinorganisiert wurde, dann ist das Pensum zu schaffen.

Das wird sicherlich alles anders in der nächsten Zeit und nicht alles wird einem gefallen, oder ist paßgenau.

Letztlich ist das Endergebnis nicht so schlecht, wie das in den ersten Phasen ausschaut, vor allem weil man
gewohnt ist daß Schritt A gemacht wird, es aber Schritt B nicht gibt.

Die Praxisanleiter freizustellen ist sicherlich eine Möglichkeit. Eine andere ist es für jede Abteilung mindestens
2 auszubilden, damit es immer jemanden gibt, der mit den Schülern arbeiten kann und greifbar ist.
Fachweiterbildungen werden groß gerschrieben und jeder der Interesse an einer Weiterbildung hat, der wird
auch gefördert.

Es wurde auch Personal der Pflege versetzt und ausgedünnt. Das passierte aber über die natürliche Fluktuation und
dadurch daß Planstellen die auf den Stationsplänen als besetzt angelegt standen, entweder mit realem Personal
besetzt wurden oder aber gestrichen wurden.
Die Pflege betraf diese Personalumstrukturierung bei uns nicht unmittelbar, sondern es ging um Leistungen die man
günstiger an Fremdfirmen abgeben konnte.

Diese Mitarbeiter erhielten bei uns andere Angebote für Aufgaben, zb. konnten die Serviceaufgaben übernehmen:
Essenswünsche aufnehmen, das Essen austeilen, Patiententransporte durchführen, Betten auswaschen und die fehlenden
Aufgaben der Raumpflegerin ausgleichen, von denen man dachte, die bleiben nun liegen und es wird dreckiger in der Klinik.

Das war letztlich nicht der Fall, betrefflich der Raumpflege. Die Klinik wurde eher sauberer, weil das Pensum für die eine Raumpflegerin
zu bewältigen war.

Die Unruhe ist sehr schwer zu ertragen, vor allem wenn man nicht weiß:" Wo der Weg letzendlich hinführt."
Zusätzlich wird man von etlichen verunsichert, die um ihren Arbeitsplatz bangen, eben weil der Wasserkopf Verwaltung
ausgedünnt wird, oder weil freigestellte Aufgabengebiete wegfallen könnten.

Die Klinik sieht nachher ganz anders aus.
Wenn ich das vom Berufsbeginn so erlebt hätte, wäre es einfacher damit umzugehen.
So hat man eher das Gefühl, der Boden auf den man steht schwankt unter einem.

Wenn Du in der Pflege arbeitest, dann wirst Du sehen, daß das unter Umständen anfangs
etwas ruckelig läuft. Ansonsten hast Du als Krankenschwester-/ pflegerin/pfleger nicht viel
zu befürchten.

Wenn sich die Arbeitszeitmodelle nicht bewähren, dann werden die die auch wieder umstellen, nach
der Testphase.
Die werden Eure Klinik anfangs ersteinmal so durchsanieren, daß die aus den roten Zahlen herauskommt.
Die Alternative wäre für uns ein Notlagentarifvertrag gewesen oder gar daß die Arbeitsplätze ganz
verloren gewesen wären.

Die Bezahlung ob TVÖD oder Haustarif bleibt für das angestellte Pflegepersonal gehopst wie gesprungen,
außer das es späterhin die Möglichkeit gibt Leistungszulagen zu erwirtschaften.

Die Patienten sind durchweg zufriedener, denn deren Beurteilung ist das Maß der Dinge bei den privatisierten
Kliniken. Die werden nachher anziehen mit den Beurteilungen der Klinik und darauf wird dann auch das Leistungsspektrum
ausgelegt sein.


Laß das mal gelassener auf Dich zu kommen. Das was da im Moment im Umlauf ist, betrifft größtenteils nicht
die Pflege.

Das Tempo wird halt enorm angezogen, aber Du erhälst auch die Instrumente das Tempo zu schaffen, wenn die sinnvoll
eingesetzt und von den Leitungen genutzt werden und wenn niemand ausbremst.


Betreffs des ausgeschalteten Betriebsrates muß der sicherlich wegen der Sozialpläne usw. auf Zack sein.
Letzlich arbeite ich heute sehr nahe an dem was der Gesetzgeber mir zubilligt.
Das war vorher nicht der Fall, trotz Betriebsrat.
Der neue Arbeitgeber hat etliches wofür seit Jahrzehnten gekämpft wurde tatsächlich einfach
umgesetzt und hält sich an die Vorgaben.

Das soll nun auf keinen Fall heißen, daß das das Paradies ist in dem man arbeitet.
Es gibt sicherlich etliches, daß mir heute noch dicke Halsschlagadern macht.
Allerdings betrifft das tatsächlich mein Arbeits und aufgabengebiet, und nicht das
der hauswirtschaftlichen, technischen Abteilungen und Verwaltung, die mir
das Leben vorher schwer gemacht haben.


Liebe Grüße Fearn
 
Naja, die Begeisterung über die Privatisierungen scheint sich in Grenzen zu halten:

15% Rendite auf Kosten der Patienten


Interessanterweise geht man hier in Dänemark den umgekehrten Weg. Man hat festgestellt, dass Privatkliniken einfach zu teuer sind und baut ganz systematisch das staatliche Gesundheitssystem aus. Und dem Personal gehts irgendwie besser. Komisch, nicht.
 
@Fearn: Danke für die vielen Infos!

Ich stehe der Übernahme unseres Hauses auch deshalb kritisch gegenüber, da ich von der Privatisierung des Gesundheitswesens generell nichts halte! Dabei geht es nämlich darum, wieviel ein Mensch in Euro wert ist und das finde ich einfach nur krank... Wir bekommen ständig zahlen um die Ohren geknallt und Daten irgendwelcher Benchmarks, die zeigen sollen, wo noch überall eingespart werden kann. Man fühlt sich so wenig wertgeschätzt und austauschbar! Da rackert man sich 10 Tage am Stück ab, springt ständig ein im frei und dennoch müssen wir "noch mehr sparen, um die Renditevorgaben zu erreichen..." Wir sind ein Krankenhaus und keine Gelddruckmaschine, argh!!

Ich gehe im Moment mit argen Bauchschmerzen zur Arbeit... :|
 
Liebe Zitronenmelisse!

Das wird unser Hauptproblem gewesen sein, daß sich das alte System nicht reformieren ließ und nicht bewegte.
Natürlich ging es zu jedem Zeitpunkt auch um Geld verdienen, auch wenn man davon nicht viel gesehen hat, wo das hin
verwaltet wurde und was damit geschah.

Ich gehe auch zum Dienst weil ich meine Arbeitskraft verkaufen muß. Von Luft und Liebe werde ich leider nicht satt.

Mit der Einstellung insbesondere des Krankenpflegepersonals konnte viel verdient werden und es konnten sehr viele
von unserer Arbeit am Patienten zehren.
Auf der anderen Seite verlohr das Image der Krankenpflege immer mehr an Verlust, egal wie " sozial" und "menschenfreundlich
wir eingestellt waren.
Wenn wir uns vormachen, daß mit uns kein Geld verdient wurde, dann liegen wir falsch.
Das versickerte ganz einfach.

Mir ist ein Arbeitgeber lieber, der einen Betrieb nicht in den Sand setzt und der sein Handwerk versteht, als einer
der mir vormacht ICH müßte überall einspringen, am besten für alle mitarbeiten und die Kohlen aus dem Feuer holen,
weil das was ich arbeite nicht mehr als eine barmherzige Geste ist, die nichts wert ist.

Deshalb wird meine Arbeit am Patienten nicht schlechter.
Eigentlich ist es sehr transparent was Du nun zu sehen bekommst.

Ich glaube nicht, daß ich von meinem früheren Dienstherren mehr wertgeschätzt wurde.
Der hätte es sonst nicht zugelassen, daß der Pflege letztendlich alles das was andere Abteilungen
nicht schaffen oder nicht tun wollen aufgepackt wurde, weil irgendwelche Abteilungsleiter zusammen
gerne Kaffee trinken.
Das wird Dir in dem neuen System aus diesen Gründen nicht mehr passieren.

Ich kann verstehen, daß man nun ersteinmal enttäuscht ist, aber eine Enttäuschung ist immer positiv.
Dh. eine Täuschung wird aufgehoben, der man aufgesessen ist, man kann klarer durchblicken und
mit den neuen Erkenntnissen besser umgehen lernen.
Verkauft hat Euch dein alter Arbeitgeber, nicht der neue. Der hat Euch eigentlich mit offenen Armen
gekauft, weil er Euch haben wollte.

Es wird sicherlich immer einzelne geben, die von einem System über die Gebühr hinaus profitieren.
Aber zb. auf keinen Fall mehr dadurch, daß irgendwelche Firmen einem einzelnen im Geschäftsköfferchen
ein nettes Geschenkpaket überreichen.
Diese Verträge der Klinik werden alle so geschlossen, daß das zb. nicht mehr möglich ist, wenn ein Vertreter
das Haus betritt.
Die Weiterbildungen und Sahnestückchen werden nicht mehr nur an einzelne Mitarbeiter verteilt, die sich mit
irgendwem gut stehen, sondern Du hast die Chance bei Interesse und Eignung gefördert zu werden.

Wie schon gesagt, ist es sicherlich nicht möglich, daß einem alles gefallen wird.
Aber es wird andere Dinge geben, die Dir gefallen die auch sehr wertvoll sein können.

Das wird sicherlich noch einige Zeit dauern, bis Du aus dieser "Personalkegelei" heraus
bist.
Ich wünsche Dir alles Gute dafür und wenn Du mal Zeit hast und in der Gegend bist, dann schau in unserer Klinik
vorbei. Da wird es sicherlich vieles geben, daß Dir postiv auffallen wird, wenn man Dich durch eine durchsanierte
Klinik führt. Alles hat seine Vor-und Nachteile.

(Natürlich wird Dir auch einiges auffallen, wovon Du nicht in Freudesstürme ausbrechen wirst,
aber das ist die Arbeitsstelle, nicht mehr und nicht weniger.)

Liebe Grüße Fearn
 

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