Ernährung und Decubitus

grobie

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26.12.2003
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Niedersachsen
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Fachkrankenpfleger A+I
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internistische Intensivstation
Hallo, Kollegen!

Bei uns stellt sich jetzt die Frage, wie genau hängen Decubities und der Ernährungszustand zusammen. Dass der Heilung von Decubities eine eiweißreiche Ernährung zuträglich ist, dass steht Außerfrage. Klar, auch Mineralstoffe und Vitamine sind wichtig.
Aber wie genau funktioniert das? Wie sind die genauen Zusammenhänge? Meine Literatur ist leider erschöpft und im Hause gibt es in der Bibliothek leider nichts entsprechendes. Unseren Sondenkost-Vertreter habe ich bereits um Information gebeten. Ich bin aber eher an neutralen Fakten interssiert.
Wer kann mir wieterhelfen? Wer weiß, wo ich noch weitere Informationen erhalten kann? DGEM und Gesellschaft für Ernährungsmedizin habe ich schon abgeklappert. Doch leider nur mit mäßigem erfolg.

Über zahlreiche Antworten würde ich mich freuen.
Mit den besten Grüssen
grobie 8)
 
Hallo Grobie,

hier einige interessante Seiten, sogar mit Telefonnummern:

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Viel Spass beim Stöbern.

bis denne
Frank
 
WOFR, ich danke Dir!

Das sind promte und schnelle Antworten, die weiterhelfen!


Mit den besten Grüssen
grobie
 
Hallo Grobie!
Auf den Seiten, die Frank netter Weise angab, sind viele Informationen zu finden, welche aber nicht so konkret den direkten Einfluß von beispielsweise Eiweiß oder Vitaminen auf die Wundheilung darstellen, wie Du es nach meinem Verständnis erhofft hast.

Vielleicht hilft Dir die folgende Information weiter:
Eiweiße werden von unserem Körper hauptsächlich als strukturelle Bausteine genutzt. Das Trockengewicht unserer Zellen besteht zu mehr als 70% aus Eiweiß. Eiweiße sind Ketten von sogenannten Aminosäuren. Diese Aminosäuren brauchen wir für Wachstum, zellulären Wiederaufbau und Regeneration, Produktion von Enzymen, Collagen, Hormonen und DNS, und manche sogar zur Energiegewinnung. Für uns Menschen sind nur 22 dieser Aminosäuren von biologischer Bedeutung. Davon sind nur sechs Aminosäuren essentiell, d.h. sie sind lebensnotwendig und müssen vom Körper aufgenommen werden, da sie nicht vom Körper selbst gebildet werden können.
Nährstoffspezifische Effekte auf die Wundheilung
Jeder Nährstoff übt allein oder in Kombination einen mehr oder weniger starken Einfluss auf die Proteinsynthese und damit auf die Zellproliferation aus. Alle Nährstoffe und Nährstoffbestandteile arbeiten dabei synergetisch zusammen, weshalb es für die Wundheilung so wichtig ist, dass sie auch alle vorhanden sind.
Proteine: Werden nicht genügend Proteine und Aminosäuren zugeführt, sistiert die Proteinsynthese und damit die Zellproliferation von Granulationsgewebe, aber auch von weiteren Zellen der Immunabwehr. Ein Proteinmangel beeinträchtigt daher ausnahmslos alle Vorgänge der Wundheilung.
Kalorien, Energie: Die chemischen Reaktionen während der Wundheilung sind sehr energieintensiv. Stehen aufgrund von Malnutrition für die Energieproduktion zu wenig Kohlenhydrate zur Verfügung, wird der Stoffwechsel auf katabol umgestellt. Das bedeutet dann, dass hochwertige körpereigene Muskelproteine über den Mechanismus der Glukoneogenese zur Energiegewinnung abgebaut werden. Dies führt schon nach kurzzeitiger Bettruhe (1 bis 2 Wochen) zu hochgradigem Proteinmangel und Muskelschwund von bis zu 500 g pro Tag.
Vitamine: In ihrer Eigenschaft als Coenzyme beeinflussen alle Vitamine die Wundheilung positiv und der Mangel nur eines einzigen Vitamins kann die Heilung bereits verzögern. Vitamine des B-Komplexes beteiligen sich z. B. an der Kollagensynthese und stimulieren die Antikörperbildung und Infektabwehr. Antioxidantien wie Vitamin E und Vitamin C fangen die für die Epithelzellen toxischen sog. freien Radikale ab. Vitamin A wirkt bei der Kollagensynthese und -vernetzung. Vitamin C ist ebenfalls von Wichtigkeit bei der Synthese von Kollagen, aber auch von Interzellulärsubstanz, Gefäßbasalmembranen, Komplementfaktoren und Gammaglobulinen.
Mineralstoffe: Bei den Mineralstoffen sind es vor allem ein Zink- und Eisenmangel, die Störungen verursachen. Zink ist ein zentraler Bestandteil von sog. Metalloenzymen mit bedeutenden biologischen Effekten im Organismus und spielt damit eine entscheidende Rolle bei der Wundheilung. Eisenmangel verursacht eine Anämie und vermindert so den Sauerstofftransport ins Wundgebiet.
Nun zum Ort des Geschehens:
Ein Netz hält alles zusammen. In der Netzschicht der Haut sind weniger freie Zellen. Dafür enthält sie ein dichtes Netz aus Kollagen-(Also Eiweiß-)fasern parallel zur Körperoberfläche. Das Netz ist gefüllt mit elastischem Bindegewebe. Zusammen bewirkt diese Konstruktion die Festigkeit und die Elastizität der Haut. Dabei richten sich Bindegewebe und Kollagenfasern auf charakteristische Weise in bestimmte Richtungen aus. Es ergeben sich die sogenannten Langerschen Spaltlinien, die die Richtung der geringsten Dehnbarkeit der Haut markieren. (Operative Schnitte werden, wenn möglich, entlang dieser Linien gesetzt. So werden klaffende Wunden und hypertrophe Narbenbildung vermieden.)
Das Interstitium enthält wichtige Zellen der Immunabwehr. Zwischen den einzelnen Zellen befindet sich "freier Raum", das sogenannte Interstitium. Dieser Raum ist gefüllt mit einer eiweißreichen, geleeartigen Flüssigkeit, der Interzellularsubstanz. In diesem "Gelee" können sich die Zellen frei bewegen. Das ist wichtig, weil ein Großteil der Zellen im Interzellularraum Bestandteil der Immunabwehr sind. Sie werden bei der Wundheilung und bei Entzündungen benötigt.
An die Hautschichten schließt sich die allgemeine Körperfaszie an. Sie besteht aus sehr festen Kollagen-(also Eiweiß-)fasern.

Hieraus läßt sich deutlich erkennen: Ein Ungleichgewicht im Eiweißhaushalt kann fatale Folgen in der Wundheilung haben.
Je nach Größe und Art der Wunde kann sich der Eiweißumsatz gegenüber einem gesunden Menschen vervielfachen.
Dies gilt übrigens auch für Wundheilung nach operativen Eingriffen.

Abschließend ist also zu sagen:
Wundheilung wird durch Mangelversorgung beeinflußt. Bei der Regeneration geschädigten Gewebes steigt der Stoffwechsel des Körpers. Es besteht ein erhöhter Bedarf an allen Nahrungsbestandteilen. Eiweiß, Kohlenhydrate, Fette, Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente müssen dem Körper in der Heilungszeit in ausreichendem Maß zur Verfügung stehen. Ist der Betroffene schon vor der Verletzung unterernährt, oder besteht auch nur ein Mangel an einzelnen wichtigen Nahrungsbestandteilen, so ist eine schlechtere Wundheilung zu befürchten. Das ist auch leicht nachzuvollziehen wenn man bedenkt, daß z. B. Vitamin C bei der Produktion von Kollagen eine wichtige Rolle spielt und Kalzium für die Blutgerinnung unerläßlich ist.
Quellen:
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hallo Grobie,



bitte wende dich diesbezüglich mal an:

Dr. Herbert Mayer
wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Pflegewissenschaft
Universtät Witten-Herdecke
Telefon 02302-669-369
email herbertm@uni-wh.de

er hat jede menge veröffentlichungen zum thema dekubitus gemacht und wird dir neutral (!) weiterhelfen können für deine spezielle fragestellung.

meines wissens ist der zusammenhang zwischen

a) Druckreduktion
b) aktiver/passiver Bewegungstechniken
c) dem wissen um das entstehen eines dekubitus

als äußerlich einwirkende faktoren sehr gut erforscht und auch so evaluiert, dass hier jetzt breitflächig entsprechende umsetzungsmassnahmen in die kliniken einzug finden. wie ist es bei euch????

wie es sich zusätzlich mit der ernährung als einflussfaktor verhält, da gibt es einen haufen "meinungen", aber wenig evidenzbasierte aussagen. es ist klar dass die industrie hier natürlich um die gunst der entscheidungsträger im einkauf buhlen. da kann ich ein lied singen, wie sich vertreter von nutriflex oder von oliminomel aufführen, um nur mal zwei vollernährungsbeispiele zu nennen.

ernährung ist zudem ein stiefkind in der schulmedizin, das ist meine erfahrung mit diesem thema in der pflege allgemein, auch patienten sind hier wenig sensibel.

aber wie wir selbst aus erfahrung zur kenntnis nehmen können im täglichen leben, kann ernährung sehr wohl einen einfluss auf hautbeschaffenheit ausüben, ebenso rauchen und alkohohol, hier braucht es aber einen langfristigen input.

pflegezeit bedeutet ja ein zeitlich begrenztes procedere. hier liegen die gefahren eines dekubitus bestimmt weniger in der ernährung.

welche entscheidungsmöglichkeiten hast du?
 
Hallo Grobie,

schön das dir meine Links weitergeholfen haben.

bis denne
Frank
 
Hallo, Torenpad!

Umpf! Eine volle Ladung Wissen! :wink: Ist das die kruze antwort auf meine Frage? :wink:
Aber jetzt ganz im Ernst: Vielen herzlichen Dank! Das ist viel mehr als ich erwartet habe! Und dann ist es auch noch ein Treffer ins Schwarze! Deinen Text musste ich mir 2x durchlesen, um den Umfang erkennen zu können. Deshalb kommt meine Antwort auch etwas später.
Ich denke, die Informationen sind eine gute Argumentationsgrundlage, mit der ich an die oberen Etage herantreten kann.
Ich habe die gleiche Frage an unseren "Sondenkostverterter" gemailt. Er hat alles ersteinmal an die Forschungsabteilung weitergeleitet.


Mit den besten grüssen
grobie
 
Hallo, myfairlady!

Du sprichst einige interssante Punkte an. Ersteinmal vielen Dank für Deine Antwort!
Klar, die "üblichen" Faktoren werden in vollem Umfang berücksichtigt, wir arbeiten nach Standarts und sind zertifiziert. Unsere Standarts leben und werden all 2 Jahre überarbeitet, bei Bedarf auch öfter. Das ist also nicht das Problem.

Torenpad hat z.B. Eiweiß und Vitamine angesprochen. Wir haben oft Patienten, die augenscheinlich mangelernährt sind, obwohl sie sich selber versorgen, bzw. gut betreut werden. Oft haben sie rapide an Gewicht verloren, ..... . Kurz gesagt, die Patienten sind oft ausgezahrt, wenn sie zu uns in die Klinik kommen.
Da setze ich an. Das ist der Beginn meiner Frage. Wie wird das Risiko durch die Mangelernährung begünstigt? Kann man vorbeugend die Patienetn besonders ernähren, um in Zusammenspiel mit den üblichen Maßnahmen das Decubitusrisiko zu mindern?

Tja, die Ernährung! Wir wissen mehr als alle Generationen vor uns, wir haben die besten Nahrungsmittel. Aber kaum jemand setzt sie zur Gesunderhaltung oder auch gezielt zur Therapie ein. dabei gibt es viele nachgewiesene Wirkungen. Klar ist aber auch, die Nahrungsmittel können nur unterstützen, nicht selbstständig heilen. Der Heilungsprozess kann aber begünstigt werden. (Ein banales Beispiel ist die kräftige Hühnerbrühe (selbstgemacht) bei Fieber und ähnlichem.)

Du fragst nach Entscheidungsmöglichkeiten. Was meinst Du genau? Ich bin KP auf einer ICU, mittlerweile werde ich "alter Hase" genannt. Ich habe keine besondere Stellung oder Entscheidungsposition im Haus. Aber es gibt Themen, die interssieren mich und die verfolge ich hartnäckig. Das hat schon einiges an Veränderung gebracht.

An den von Dir genannten Herren werde ich mich vermutlich wenden.


Mit den besten Grüssen
grobie
 
Hallo, Kollegen!

Es gibt eine Studie zum Thema Decubitusrisiko und Ernährungszustand. Aus ihr geht eindeutig hervor, dass der Ernährungszustand einen entscheidenden Einfluß auf die Entstehung von Decubities hat. Im Umkehrschluß heißt das, dass eine gezielt Ernährung zur Decubitusprophylaxe mit eingesetzt werden kann. Die Studie wurde herausgegeben vom "Deutschen Institut für Pflegehilfsmittelforschung und Beratung" www.dipfb.de. Die Seite ist nicht mehr zu erreichen.
Das Problem an der ganzen Sache ist nur, dass der Instutsleiter, Herr Prof.Dr. Neander im Verdacht steht ein Hochstapler zu sein. Wenn Ihr mehr wissen wollt, dann folgt bitte diesem Link: http://www.pflegedialog.de/index.ph...ic&t=741&sid=37fdd39c5898428d5488573264f2a614 Hier findet Ihr diverse Verweise auf Berichte und Zeitungen.
Ich teile Euch das mit, da ich von befreundeten Kollegen erfahren habe, dass diese Verdachtsmomente nicht allgemein bekannt sind. Die Kollegen bauen zum Teil neue Decubitusstandards auf dieser Studie auf. Ich persönlich behandele Studien und Scripte von Herrn Neander mit äußerster Vorsicht, bis die Sachlage eindeutig ist.

Mit den besten Grüssen
grobie
 

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