Ernährung einstellen bei palliativen Patienten

Sollte man den Patientenwunsch akzeptieren oder parenteral ernähren?


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Baumst

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Hallo,
ich hoffe ich bin richtig hier mit meinem Thema. Wir haben momentan einen Auftrag zum Thema Ethik.

Es geht um einen Fall mit einer palliativen, bettlägerischen, kognitiv komplett orientierten Patientin.
Die entscheidet sich dafür die Aufnahme von Nahrung zu unterlassen, da es sie nur quält. Es wird extra betont, dass sie die komplette Tragweite versteht und akzeptiert und dass sie schon weiter trinken möchte, sofern sie ein Durstgefühl hat.
Desweiteren ist da ein Sohn, der die Entscheidung nicht akzeptiert und auf parenterale Ernährung besteht.
Außerdem wird noch erwähnt, dass die Tumorerkrankung weit fortgeschritten ist und sie ohnehin nur eine geringe Restlebenszeit hat.

So nun zu meiner Aufgabe. Ich bin die behandelnde Ärztin und muss mich in der nächsten Stunde mit Sohn, Patientin und Schwestern beraten.
Im Fall steht zwar, dass die Ärztin sich für den Patientenwunsch ausspricht, trotzdem möchte ich das ganze gerne weitläufig aus allen Winkeln beleuchten.
Immerhin geht es ja um ein (wenn auch hypothetisches) Menschenleben.

Leider hänge ich sehr und habe bisher nur 3 Argumente gegen ihren Wunsch und 4 für diesen.
Jetzt wollte ich mal fragen was ihr so über das Thema denkt, um möglichst unbefangen alle möglichen Argumente zu bedenken.

Vielen Dank schonmal an alle die mit diskutieren.
 
Also Willen akzeptieren und dann aber doch von etwas überzeugen widerspricht sich irgendwie oder !? xD
 
Eigentlich brauch man nicht mehrere Argumente! Die Patientin ist aufgeklärt, sie ist orientiert und hat das Recht selbst zu entscheiden ob sie essen will. Ich würde versuchen, sie von der Infusion zu überzeugen und wenn sie dann nicht will ist es auch gut und ihr gutes Recht. Das mögen Ärzte, Pflegende und Angehörige nicht gut finden, aber dass kann nicht das Problem der Patientin sein. Der Wunsch ist zu respektieren!
 
Also ich persönlich bin auch für Einstellen.
Trotzdem hab ich das Gefühl ich sollte schon genau darüber nachdenken, wenn es jetzt echt wäre. Immerhin sollte man ja auch nicht leichtfertig so eine Entscheidung akzeptieren.

Ich denke so ein Hungertod ist nicht toll, wobei ein Tod durch Krebserkrankung natürlich auch nicht schöner ist.

Ich habe einfach Angst zu schnell dafür zu sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Da es sich nur um ein Fallbeispiel handelt, kann man gut ethische Prinzipien gegeneinander abwägen. Das Modell von Marianne Arndt lässt sich hier sehr gut anwenden.
Leider hänge ich sehr und habe bisher nur 3 Argumente gegen ihren Wunsch und 4 für diesen.

Stell doch die mal hierher, dann können wir gern darüber diskutieren und neue Vorschläge einbringen.
 
Also pro:
- Sie ist orientiert u. in der Lage ihre Entscheidungen zu treffen
- sie wird ohnehin palliativ behandelt
- geringe verbleibende Lebenszeit
- geringe Lebensqualität
- hat schon sehr hohes Lebensalter erreicht (97)


Contra:
-hypokratischer Eid -> Nahrungskarrenz führt zum Hungertod u. könnte verhindert werden
- (Schmerz-) Medikation kann angenehmer u. besser dosiert werden

*Beim dritten contra hatte ich mich vertan das war nochmal ein Proargument
 
Hippokratischer Eid, nicht HYPO...
Gibt es an vielen Uni`s nach wie vor, nur so nebenbei ;)
 
Hippokratischer Eid, nicht HYPO...
Gibt es an vielen Uni`s nach wie vor, nur so nebenbei ;)
Und er beinhaltet, dass der Arzt keine Maßnahme anordnet, die dem Patienten schadet. Lies den von mir verlinkten Text, und der Eid wandelt sich in ein Argument pro Nichtaufnahme der künstlichen Ernährung.

Das ist nicht Ethik, sondern Palliative Care, aber im terminalen Stadium bringt parenterale Ernährung dem Patienten keinerlei Vor- und viele Nachteile.

Danke für die Verbesserung des Schreibfehlers (im Griechischen gibt's drei verschiedene Buchstaben für den Laut "i").
 
Es geht um einen Fall mit einer palliativen, bettlägerischen, kognitiv komplett orientierten Patientin.
Die entscheidet sich dafür die Aufnahme von Nahrung zu unterlassen, da es sie nur quält.
Der fett hervorgehobene Satz ist für mich der entscheidende Satz. Es gibt Konstellationen, wo der Körper mit einer Nahrungsaufnahme nicht mehr klar kommt, bzw. die Verarbeitung der Nahrung sehr schmerzhaft für den Patienten ist.
Warum also kann man den Wunsch der Patientin nicht akzeptieren? Sie entscheidet sich gegen Qualen was ihr gutes Recht ist.
Ich denke so ein Hungertod ist nicht toll, wobei ein Tod durch Krebserkrankung natürlich auch nicht schöner ist.
Der Begriff Hungertod impliziert einige negative Vorgänge in unseren Gedanken, genauso wie das verdursten. Ein Körper der mit der Nahrung nichts mehr anfangen kann, entwickelt aber einige typische Reaktionen auf das Verhungern nicht wie ein Körper der noch Nahrung verarbeiten kann.
Der Begriff Hungertod ist für mich ein Totschlagargument das ich nicht gelten lasse.
Manchmal ist es humaner die Auswirkungen des Verhungerns zu akzeptieren, anstatt den Betroffenen mit Nahrung zu quälen.

Ich erinnere mich an eine Patientin, eine üblere Situation als die ihre habe ich nie erlebt (amb. Pflege):
Ursache für die gesamte Problematik war ein bösartiger Tumor im gyn. Bereich, viel zu spät behandelt. Daraus wurde ein anus präter mit erheblichen Verlusten des Darmes. Der Unterleib konnte nicht mehr geschlossen werden, es blieb ein "großes Loch" durch den der Tumor sich den Weg nach außen bahnte. Nierenfistel zur Urinableitung da Blase entfernt werden mußte.

Die Angehörigen wollten, dass die Patientin weiterhin ernährt wird. Patientin wollte nicht. Sie wollte in Ruhe gelassen werden und zuhause sterben. Sie war auch vollkommen klar im Kopf.
In der letzten Woche eskalierte die Situation derart, dass selbst das bisschen an Stuhlgang was noch da war, einfach nur noch über den offenen Unterleib ab ging. Die Patientin hatte erstaunlicherweise wenig Schmerzen. Ich weiß nicht, was passiert wäre, wenn die Patientin noch entsprechend ernährt worden wäre.
Zum Glück haben wir es geschafft die Angehörigen zu überzeugen, den Willen der Patientin umzusetzen. Und da bin ich heute noch froh darüber, wenn ich mal wieder an die Situation denke, dass ich nicht nachgegeben habe und mich für die Patientin eingesetzt habe.
 
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Warum glaubst du denn, dass mit Ernährung die Schmerzen besser behandelt werden könnten?

Es gibt doch genügend Applikationsformen die den Magen-Darm-Trakt umgehen.

Ausserdem: lies doch nochmal nach, wie der Körper auf das Einstellen von Nahrung und vielleicht auch zu geringe Flüssigkeitszufuhr reagiert.

Susanne
 
Es geht um Ethik und um ein hypothetisches Beispiel.
Den Wunsch der Patientin halte ich für legitim. Sie ist geordnet, weiß um ihre Prognose und sie quält sich mit oraler Zufuhr. Dieses vermeintliche Horrorszenrario - Hungertod - ich sehe es nicht. Stimme stormrider da voll und ganz zu.
Mein Augenmerk richtet sich hier aber auch auf den Sohn (zufällig gewähltes Geschlecht?) & dessen Ablehnung was den Wunsch der Mutter anbelangt.
Bitte erläutere was den Sohn dazu bringen könnte, ablehnend zu reagieren.
Könnte ich jetzt tun, aber es ist doch eine Lernaufgabe, deswegen....
Welche Aufgabe hat der Arzt (um den es in dem hypothetischen Bsp. gehen soll, hm, o.k., ist so gewählt) der nicht nur die Patientin sondern auch den Sohn betreut?
Da könnt ich nun auch ausführen, weil das so oder so ähnlich ja schon stattgefunden hat, aber auch das ist nicht Sinn und Zweck der Übung, deswegen....
Sollte nun der Sohn noch etwas Zeit brauchen, wär es evtl. in Ordnung - wenn die Patientin dem zustimmt - dass noch Flüssigkeit parenteral/enteral verabreicht wird, da sie sich damit quält.
Ist die Patientin im Moment nicht kurz davor, die Wahrnehmung der Realität zu verlieren, dann wäre möglicherweise auch ohne Flüssigkeitszufuhr noch ausreichend Zeit, dass beide - Patientin und Sohn - die unterschiedlichen Standpunkte klären können.
 
im prinzip ist es völlig egal was der sohn möchte. die pat. ist herr ihrer sinne und sollte selbst entscheiden dürfen was sie möchte. wir können ihr verschiedene angebote machen, sollten aber niemand von iwas überzeugen oder überreden, was leider tägliche praxis in unserem Gesundheitssystem ist.
 
im prinzip ist es völlig egal was der sohn möchte. die pat. ist herr ihrer sinne und sollte selbst entscheiden dürfen was sie möchte. wir können ihr verschiedene angebote machen, sollten aber niemand von iwas überzeugen oder überreden, was leider tägliche praxis in unserem Gesundheitssystem ist.

Das stimmt grundsätzlich, aber vielleicht ist der Patientin nicht bewusst wie sehr der Sohn mit der Entscheidung hadert. Ein vermittelndes Gespräch könnte hier dem Sohn und der Patientin helfen. Es mag Gründe geben warum der Sohn die Entscheidung nicht mittragen kann, vielleicht ist es auch nur Unwissenheit wie sich die Situation in der letzten Lebensphase darstellt.
Und dass die Patientin letztlich selbst bestimmen kann ist klar!
 
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Warum glaubst du denn, dass mit Ernährung die Schmerzen besser behandelt werden könnten?

Es gibt doch genügend Applikationsformen die den Magen-Darm-Trakt umgehen.

Ausserdem: lies doch nochmal nach, wie der Körper auf das Einstellen von Nahrung und vielleicht auch zu geringe Flüssigkeitszufuhr reagiert.

Susanne

Ich hatte dabei im Kopf, dass im Altenheim keine venösen Zugänge gelegt werden. (Zumindest in den mir bekannten nicht.)
Deshalb wäre Medikamentengabe über die Sonde eine Alternative, damit die Patientin diese nicht schlucken muss.


Zur Frage wegen dem Sohn. Keine Ahnung, ob das Geschlecht zufällig gewählt ist. Sie hat auch eine Tochter deren Meinung wird aber nicht weiter ausgeführt und sie scheint dafür zu sein. Der Sohn wiederum besucht seine Mutter selten, ist nur arbeiten und ist halt dagegen.
 
Es geht um die häufige ethische Debatte "Autonomie" gegen "Fürsorge".

Die Patientin kann und darf darüber entscheiden, was mit ihrem Körper geschieht. Dies wäre auch in einer nicht-palliativen Situation der Fall; hier jedoch entspricht ihr Wunsch sogar dem medizinischen und pflegerischen Empfehlungen. Die Lebensqualität wäre durch die Nahrungszufuhr stärker eingeschränkt als durch den Verzicht darauf.

Der Sohn will verständlicherweise seine Mutter nicht verlieren, auch wenn sie 97 Jahre alt ist. Ihm scheint nicht klar zu sein, dass die Ernährung ihr nur Nachteile bringen würde, möglicherweise weil er selten Kontakt zu ihr hat. (Sie muss eine Spätgebärende gewesen sein, wenn er immer noch nicht in Rente ist ;)). Er verbindet "Nahrung" mit "Weiterleben" und besserer Lebensqualität - beides stimmt in diesem Fall nicht.

Die Sorge in der palliativen Versorgung gilt sowohl der Patientin als auch den Angehörigen. Was also benötigt die Patientin in der beschriebenen Situation, was der Sohn?
 
@Baumst
ich steh grad auf'm Schlauch
Du bist Azubi, richtig? GuK, Generalist oder Altenpflege?
Ausbildungsjahr? Kannst gerne auch in Deinem Profil ändern, z.B. Azubi GuK/ AP seit ../... dann ist es offensichtlicher welchen Ausbildungsstand Du hast, welche Erfahrungen Du bereits gesammelt hast.

Es ging doch um ein hypothetisches Beispiel, der Beitrag ist im Bereich Krankenhaus eingetragen.
Hatte jetzt, möglicherweise falsch angenommen, dass Du Azubi GuK bist und sich die hypothetische Situation auf eine Patientin im Krankenhaus bezieht - frag mich aber grad ob das stimmt.
Ich hatte dabei im Kopf, dass im Altenheim keine venösen Zugänge gelegt werden. (Zumindest in den mir bekannten nicht.)


Claudia - :daumen: & Ludmilla - :daumen:
Flora - :-?
 
Ich hatte dabei im Kopf, dass im Altenheim keine venösen Zugänge gelegt werden. (Zumindest in den mir bekannten nicht.)

Das ist primär sicherlich richtig. Hier wäre, wenn die Dame nicht mehr schlucken kann, beispielsweise ein Pflaster für die Basismedikation angezeigt und für Schmerzspitzen und ggf. auch Ängste ein Sublingual-Präparat

z.B.

Fentanyl Pflaster und Abstral Tbl.

Tavor expidet hat sich bei Ängsten bewährt.

Hinzu kommen noch nichtmedikamentöse Angebote.

susanne
 
Vorsicht bei Fentanyl Pflastern, vor allem bei kachektischen Patienten.
 
Es war ein Beispiel für eine Versorgung unter Umgehung des Magen-Darm-Traktes, ohne i.v. Zugang.
 

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