Die kleinen Helden der Intensivstation

Gaby

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07.04.2002
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Hallo,

eine Kollegin von mir hat es heute im Dienst so treffen formuliert – es sind die kleinen Helden des Alltags. Die keiner sieht, die so viel leisten, so viel von sich geben – auch uns sehr viel gegeben haben.

Kurz vor Weihnachten, hat ein kleiner Bub seinen langen Kampf verloren. Geboren im Mai, ist er gleich nach der Geburt aufgefallen. Seine Lungen haben nicht richtig funktioniert. Nach einiger Zeit haben wir ihn von einem anderen Krankenhaus übernommen. Egal was wir versucht haben, was wir versucht haben herauszufinden ..... weitergebracht hat es uns nicht!

Jeden Tag sind die Eltern auf Besuch gekommen – zwei andere Kinder wurden während dieser Zeit von der Omi betreut. Beide noch sehr klein!

Es war die Liebe zu ihrem Kind, ihr ewiger Optimismus, der uns lange hoffen lies.

Die Eltern kamen als Spender für eine Lungentransplantation nicht in Frage, so begann die lange Suche nach einem Spender. Doch eine Lunge für ein Kind in diesem Alter zu bekommen ist schwierig.

Ich habe den Papa mal gefragt – ob er überhaupt noch Zeit für sich hat. Ob es ein Privatleben außerhalb des Krankenhauses noch gibt – Zeit für sich, hätte er keine mehr – seit sein Sohn auf die Welt gekommen ist – war damals seine Antwort.

Es gab so viele Tiefs, dann auch mal eine Zeit in der es ihm besser ging. Von der Beatmung weggekommen ist er nie.

Es ist schwer vorstellbar, beide Eltern – kamen jeden Tag – haben sich abgewechselt und so war fast den ganzen Tag jemand bei dem Kleinen. Zwei sehr nette Menschen die eine unbeschreibliche Liebe zu ihrem Kind ausgestrahlt haben.

Gestern haben die Eltern zwei Torten abgegeben – sie wollten heute mit uns den 200 Tag ihres Kindes an der Station mit uns feiern. Der Anlass wohl ein trauriger – der Gedanke der Eltern ein sehr schöner.

Gestern am Abend, hat der Kleine seinen Kampf verloren.

Statt Feier – war große Trauer angesagt. Viele von uns, hatten heute noch die Gelegenheit sich bei den Eltern zu verabschieden.

Sein Platz, blieb bis am Abend leer – die Aufnahme ist schon angekündigt. Das Leben auf der Intensivstation geht weiter.

Im Leben dieser Eltern ist im Moment wohl eine große Leere.

Als sie gegangen sind, waren Tränen in den Augen aller – die ihn so lange betreut haben. Ich habe ganz spontan meine Kollegin in den Arm genommen. Zu zweit geht es doch manchesmal ein wenig leichter – loslassen zu können, seiner Trauer einen Weg zu geben.

Ich wollte euch diese Geschichte erzählen, um einen kleinen Jungen, der so viel gekämpft hat – ein kleines Zeichen zu setzen. Das jemand an ihn denkt und euch danken, dass ihr mir zugehört habt.

Schicke euch ganz liebe, heute sehr nachdenkliche Grüße aus Wien

Gaby
 
Hallo Gaby!
Ich kann deine Geschichte nicht mit Worten kommentieren.
Ich habe sie mit Tränen in den Augen gelesen..........
Trine
 
ich sag nur.
eiskalte Schauer auf dem Rücken und Gänsehaut..
 
Hallo Gaby,
dein Bericht ist hier genau richtig aufgehoben. Viel zu oft unterhalten wir uns über Verdienst,- oder Aufstiegsmöglichkeiten, die Konzentration von Desinfektionsmitteln oder über nervende Strukturen in unserem Beruf. Die wichtigen, bleibenden Erinnerungen und Erfahrungen, gerade dann wenn sie uns im Innersten berühren sprechen wir viel zu selten aus.
Die Hoffnung des von dir beschrieben Elternpaares, ihr Mut, ihre Organisationsfähigkeit die "Restfamilie" hintanzustellen für das kleine neue Leben ist ausergewöhnlich. Viel zu oft haben wir es mit traurigeren Vorfällen zu tun wenn nämlich Kinder (oder Bedürftige) vergessen und vernachlässigt werden. Die im Krankenhaus werden es schon richten, die werden ja dafür bezahlt.
Bei dir war es anders und bestimmt nicht Alltäglich.
Diese Eltern haben es geschafft bei dir und deiner Kolleginn Raum zu schaffen für engagierte Arbeit ohne die eigenen Gefühle wie so oft unterdrücken zu müssen.
Die Hoffnung die bleibt ist doch das gute Gefühl Menschen zu begegnen die all den Kampf und all die Niederlagen erträglich machen und auch Kraft geben weiter zu machen ohne innerlich schon längst abgestumpft zu sein.
Ich wünsche dir KollegenInnen im Team mit denen man genauso hart arbeiten wie auch trauern kann. In einem auch emotional offenem Team ist die Gefahr des eigenen Burn-Out´s zwar sichtbar aber zu bewältigen.

Deine Beschreibung hier war nicht nur gut, sondern notwendig. Bei all den tausenden von Artikeln zu Fernsehsendungen, Wetterberichten und Musiktexten hast du hier sehr bewegend einen Teil unserer Arbeitswirklichkeit beschrieben.
Weiter so...auch und gerade weil es bewegt
 
Kann ich mich nur anschließen... hatte tränen in den augen.. Unser beruf hat einfach immer zwei seiten, mal ist es wunderschön weil man unglaubliche Verbesserungen beobachten kann, die wundern ähneln, aber dann gibt es leider auch immer wieder diese tage an denen man sich so schrecklich hilflos fühlt...
 
Hallo Gaby,

ich habe deinen Betrag schon mehrfach gelesen, konnte aer erst heute daruf antworten.
Die Geschichte macht mich auf der einen Seite sehr traurig und nachdenklich, auf der anderen Seite zeigt er mir auch das Eltern trotz der schwierigsten Umständen auch etwas positives sehen können. Sie haben den 200. Lebenstag auf eurer Station gefeiert, ich finde das einfach bemerkenswert.
Hier sehe ich auch die Wichtigkeit Eltern und andere Angehörige ganz nah mit in die Pflege einzubeziehen, um diese sehr schwierige Situation für alle Seiten zu erleichtern.
Gaby, wie ich aus deiner Geschichte entnehmen kann, muss der Umgang mit dem Tod nicht gleichgültig werden lassen, sondern kann sensibel machen für die Nöte und Sorgen der Angehörigen.
Ich hoffe eines meiner Kinder wird nie auf einer Intensivstation liegen müssen, aber ,Gaby, ich bin mir sicher als Angehöriger wäre ich bei Euch sehr gut aufgehoben.

bis denne
Frank
 
schließ mich alln an.

Gänsehaut, eiskalter Schauer über den Rücken und Tränen in den Augen beim lesen deines Beitrags....
 
Liebe gaby

Ich finde gerade eben nicht die worte, für das was ich dir sagen will Gaby.

Danke, der Bericht hat mir gezeigt, dass wir grundlegendes oft vergessen-wir trauern um alte Leute die ihr leben gelebt haben und nun von uns gegangen sind und vergessen dabei allzu oft, die die gerade erst angefangen hatten zu leben... ein stern wird für den kleinen vom himmel leuchten.

:( Morningstar
 
Hallo Gaby!!

Was soll man dazu sagen ???

Das Leben ist hart und manchmal sehr ungerecht und leider ist jeder seinem Schicksal unterworfen.

Ich sende dir Liebe Grüße.............


............. sowie dem kleinen Stern am Himmel ......
 

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