Hallo @all,
keine Ahnung ob jemand daran Interesse hat, aber hier ein
Einsatzbericht über einen Scout Einsatz in Thailand.
Nach dem Tsunami am 26.12.04 wurden im Zeitraum vom 29.12. – 02.01.05 ca. 2500 Touristen aus Thailand ausgeflogen. Von diesen waren ca. 300 Schwerverletzt.
Am 29.12.2004 erhielt ich gegen 11 Uhr einen Anruf von meinem Arbeitgeber, ob ich mit nach Thailand komme.
Unsere 7 Scout Teams bestehend aus einem Arzt und einem Rettungsassistenten, sollten im Auftrag eines Reiseveranstalters sowie einer Versicherung, in thailändischen Krankenhäusern nach Europäern suchen und diese auf den Heimflug vorbereiten. In unserem Team waren neben 5 Traumatologen auch ein Infektiologe und ein Kinderchirurg, alle unserer Notärzte und Rettungsassistenten zeichnen sich auch durch langjährige Berufserfahrung im Notarzt- und Rettungsdienst aus.
Um 16 Uhr startete der Flug nach Phuket. Nach der Landung am frühen Morgen wurden wir von einem Dolmetscher begleitet und mit Kleinbussen oder Hubschraubern an unsere Einsatzorte gebracht, die bis zu 800 km von Phuket entfernt lagen.
Die Herausforderung lag darin, dass das Katastrophengebiet sich auf ca. 3000 km Küstenlinie hinzog. Jeder der hier in Deutschland schon auf einem Großeinsatz war, weiß, dass Einsatzgebiete mit 500 m eine Herausforderung für jeden Einsatzleiter sind. Unser Einsatzgebiet sollte uns an die malayische Grenze führen. Hat Yai – darunter konnten wir uns ein kleines Dorf mit Krankenstation ebenso vorstellen, wie alles andere. Hat Yai ist eine Universitätstadt mit 63.000 Einwohnern und 13 Hospitals.
Ausgerüstet mit Notfallrucksack, EKG und Pulsoxymeter begab sich unser Team zum Flughafen um mit einem Hubschrauber nach Hat Yai zu starten.
Im Rettungszentrum war vorerst keine Crew für den Flug zu bekommen, so hieß es abwarten.
Das Rettungs- und Lagezentrum befand sich in einer Abfertigungshalle, auf dem militärischen Teil des Flughafens.
In dieser Halle war ein Verbandplatz eingerichtet mit Matratzen und Stühlen für die Verletzten Touristen, die auf ihren Rückflug warteten.
Im Laufe des Nachmittags stellte sich heraus, dass an diesem Tag ein Flug nach Hat Yai nicht mehr möglich war, so fuhren auch in ein Hospital in Phuket und triagierten dort Patienten die noch am gleichen Abend auf Strechtern mittels einer Chartermaschine nach Deutschland geflogen wurden.
Nach einer kurzen Nacht fuhren wir am 31.12. um 5 Uhr morgens wieder zum Flughafen.
Wir hatten von der Einsatzleitung den Hinweis, dass sich in einem Hospital mehrere Europäer befinden sollten.
Ein dort ansässiger und arbeitender Deutscher hatte nach dem Tsunami, eigenständig Nachforschungen betrieben, und seine Ergebnisse dem Auswärtigen Amt per mail mitgeteilt.
Begleitet wurden wir noch zusätzlich von einer Ärztin des Auswärtigen Amtes. Durch die Begleitung durch das AA waren uns in allen Hospitals die wir besuchten die Türen geöffnet worden.
Nach einer Flugzeit von fast 3 Stunden trafen wir in Hat Yai ein und nahmen Kontakt mit dem Deutschen auf der uns die Informationen geschickt hatte.
Zusammen fuhren wir in das erste Krankenhaus und sichteten die Patienten.
Alleine in diesem Haus befanden sich 9 Patienten die umgehend nach Deutschland gebracht werden mussten.
Häufigste Verletzungsmuster waren septische Weichteilverletzungen der unteren Extremitäten, Frakturen, Aspirationspneumonien mit ARDS, Thoraxtraumen und infizierte Schnittwunden. Die Patienten hatten alle Wundinfektionen und waren schwerst traumatisiert.
Die Thailändischen Ärzte hatten eine sehr gute Vorarbeit geleistet.
Wir konnten dem Verbandwechsel einer Patientin beiwohnen und waren im Anschluß daran sehr betroffen.
Damit der Patient diesen Verbandwechsel besser verkraftet (bei uns bekäme er dafür eine Vollnarkose im OP) bekam die Patientin einen zusammengerollten Waschlappen in den Mund geschoben. Dann wurde die Wunde bei vollem Bewusstsein gesäubert und frisch verbunden, die ganze Prozedur dauerte knapp eine Stunde. Dies wurde 2mal täglich durchgeführt.
Dank dieser, für uns unvorstellbaren Art der Behandlung, wird die Patientin ihr Bein behalten und auch die Funktion wird wieder hergestellt werden können.
In allen Krankenhäusern bot sich uns ein ähnliches Bild.
Es war häufig der glücklichste Augenblick seit der Katastrophe, als sie erfuhren, dass wir sie nach Deutschland bringen würden.
Die meisten unserer Patienten vermissten Angehörige oder Freunde. Endlich wieder deutsch sprechen, war für die meisten Patienten sehr beruhigend. Nach einer Katastrophe in einem fremden Land, die Landessprache und auch kein Englisch sprechend, war es für eine Patientin nicht möglich gewesen, dem Pflegepersonal zu erklären, dass sie das Kopfteil ihres Bettes hochgestellt haben möchte.
Die Qualität der Thailändischen Krankenhäuser ist sehr unterschiedlich.
In unserem ersten Haus gab es Krankensäle mit 50 Betten.
Das nächste Hospital war ein Privathospital, das Hotelcharakter hatte.
In Hat Yai besuchten wir 3 Krankenhäuser und hatten 19 Patienten für den Heimtransport als „rot“ triagiert.
Meine Aufgabe war es alle Patientendaten zu sammeln und verwalten.
Für den Heimflug nach Deutschland wurde die MedEvac für uns organisiert.
Von den 19 Patienten waren 10 Intensivpflichtig, 3 wurden auf dem Heimflug nach Deutschland in der Bundeswehrmaschine intubiert und beatmet.
Der Transport sollte am nächsten Tag stattfinden.
Nach diesen vielfältigen Eindrücken ging es für uns zurück zum Flugplatz um nach Phuket zufliegen und dort die Patientendaten an die Einsatzleitung weiterzugeben. Es musste auch der Transport von Hat Yai nach Phuket geplant werden. Unser Tag endete gegen 23 Uhr am Flughafen.
Sylvester feierten wir sehr besinnlich in Phukettown ab 23.30 Uhr und auch nur sehr kurz, da wir alle nicht in der Stimmung zum feiern waren.
Der Rücktransport nach Phuket mittels eines Hubschraubers war durch die große Anzahl der Patienten und deren Verletzungsmuster in unseren Augen nicht geeignet.
Wir bekamen Unterstützung von der U.S. Army, die uns ein Flächenflugzeug für den nächsten Tag zur Verfügung stellten.
Von unserer Krankenhausapotheke waren wir gut mit Medikamenten und Impfstoffen ausgestattet, doch leider dürfen nach Thailand keine Betäubungsmittel eingeführt werden, will man nicht die Todesstrafe riskieren. Da unklar war, wie streng die Kontrollen bei der Einreise sein würden, fehlten uns diese. Ärzte einer Hilfsorganisation hatte jedoch welche, die uns auch zur Verfügung gestellt wurden.
Zusammen mit sechs Ärzten und zwei Rettungsassistenten ging es im Morgengrauen am 1.1.05 mit einer Militärmaschine nach Hat Yai.
Viele der Patienten mussten speziell für den Flug versorgt werden.
Wir hatten für diese Aktion knappe 6 Stunden Zeit. Noch am Vorabend hatten wir die Patienten unter den Teams aufgeteilt und an Hand unserer Notizen DIVI-Protokolle vorbereitet, damit jeder die Patienten schon kennen lernen konnte.
In Hat Yai fuhr nun jedes Team in ein Hospital um seine Patienten zu übernehmen. Zusammen mit einem Arzt fuhr ich in ein Krankenhaus in dem 3 Patienten auf uns warteten.
Bei einer Patientin musste für den Transport noch ein Gipsverband am Bein angelegt werden, da sie eine Femorfraktur hatte die bis jetzt mit einer Extensionsschiene versorgt war. Mit dieser Extension wäre der Transport nicht möglich gewesen.
Nachdem dies erledigt war, kontrollierten wir ob von allen Patienten die nötigen Unterlagen und Medikamente für den Heimtransport vorhanden waren. Wir hatten bei unserem Besuch am Vortag mit den Kliniken abgesprochen, dass den Patienten die Antibiosen für den Heimflug mitgegeben werden sollten, um einen unnötigen Wechsel der Medikamente zu sparen.
Ich war für eine Patientin mit Weichteilverletzungen an beiden Beinen zuständig.
Frau X. lag 13 Stunden im Meer und wurde dann in ein Krankenhaus gebracht, nach 3 Tagen wurde sie über den Landweg 700 km transportiert und in diesem Haus versorgt.
Sie hatte bei der Flutwelle ihren Mann und zwei Kinder verloren. Für sie selbst war das Schicksal der Familie zu diesem Zeitpunkt ungewiss.
Sie waren soeben angekommen und hatten ihren Bungalow am Meer bezogen – mit Seeblick. Als die Familie auf der Terrasse stand, war sie irritiert, dass vor dem Meer eine Milchglaswand ist – „wir haben doch Seeblick gebucht“, waren die letzten Worte an ihren Mann, dann war sie auch schon von der Welle überspült.
Der Transport zum Flughafen erfolgte durch die Krankenhauseigenen Rettungsfahrzeuge.
Am Flughafen angekommen mussten wir feststellen, dass die Hercules noch nicht angekommen war.
Leider war auch das Telefonnetz wie so oft zusammengebrochen. Die Telefongespräche wurden automatisch nach 4 Minuten getrennt, damit sollte das Netz nicht überlastet werden, was aber nur manchmal funktionierte.
Wir hatten festgelegt, dass die intubiert, beatmeten Patienten erst geholt werden sollten, wenn der Flieger einladebereit war. Jetzt war es zu einer Verzögerung gekommen, die wir unbedingt weitergeben mussten. Hier kam uns der Deutsche wieder zu Hilfe, der mit seinem Auto in das entsprechende Krankenhaus fuhr und es dem Team mitteilen konnte.
Unsere Patienten legten wir in die Flughafenhalle.
Dort wurden die Patienten mit den Triagenummern der Luftwaffe gekennzeichnet.
Als unser Sauerstoff zu Ende ging, fuhr ein Thailändischer Rettungswagen zurück in die Klinik und brachte uns neue Flaschen.
Nach dem Eintreffen der Maschine begannen wir mit dem Umlagern.
Die Patienten die sitzen konnten wurden zuerst geboardet.
Die Herkules hatte schon die Tragen der Medevac mitgebracht, wodurch wir ein erneutes umlagern in Phuket nicht mehr nötig sein würde.
Nach Plan wurde dann jeder Patient an seinen Platz gebracht und gesichert.
Für uns war auf dem Rückflug nur noch Platz auf einer schmalen Ladeschiene auf die wir mit einem Frachtgurt gebunden wurden.
Wir haben in Thailand eine sehr große Hilfsbereitschaft kennen lernen dürfen, die ich hier in Deutschland noch niemals erlebt habe. Ganz egal von welcher Nation oder Organisation. Es war ein sehr erfreuliches und unkonventionelles Zusammenarbeiten.
Unsere Patienten befinden sich mittlerweile auf dem Weg der Genesung, was die körperlichen Wunden anbelangt, die Verluste der Angehörigen, sollten sie nicht lebend gefunden werden, dauern sicher noch lange – aber die Hoffnung stirbt zuletzt.
Für uns waren es Eindrücke die wir sicher nicht vergessen werden, es war ein hartes Arbeiten mit wenig Schlaf. Jeder von uns hat an der Grenze zu seiner Leistungsfähigkeit gearbeitet. Doch das Erfolgserlebnis, alleine in Hat Yai 19 Menschen sinnvoll geholfen zuhaben, war für uns ein Glücksgefühl. So sind wir ein klein bisschen Stolz auf unsere Leistung zurückgekommen. Dies war nicht nur der Erfolg unseres Zweierteams, dahinter steckte sehr viel Organisation im Katastrophenstab sowohl in Deutschland als auch in Phuket. In unserem Team haben alle schon mindestens 10 Jahre Notarzt und Rettungsdiensterfahrung, doch auch an solch traumatisierte Menschen waren wir nicht gewöhnt. Der Alltag hat uns mittlerweile wieder eingeholt und wir sind mit diesen Erlebnissen gut fertig geworden, geholfen dabei haben uns sicher die Gespräche miteinander.
Liebe Grüße
Narde
keine Ahnung ob jemand daran Interesse hat, aber hier ein
Einsatzbericht über einen Scout Einsatz in Thailand.
Nach dem Tsunami am 26.12.04 wurden im Zeitraum vom 29.12. – 02.01.05 ca. 2500 Touristen aus Thailand ausgeflogen. Von diesen waren ca. 300 Schwerverletzt.
Am 29.12.2004 erhielt ich gegen 11 Uhr einen Anruf von meinem Arbeitgeber, ob ich mit nach Thailand komme.
Unsere 7 Scout Teams bestehend aus einem Arzt und einem Rettungsassistenten, sollten im Auftrag eines Reiseveranstalters sowie einer Versicherung, in thailändischen Krankenhäusern nach Europäern suchen und diese auf den Heimflug vorbereiten. In unserem Team waren neben 5 Traumatologen auch ein Infektiologe und ein Kinderchirurg, alle unserer Notärzte und Rettungsassistenten zeichnen sich auch durch langjährige Berufserfahrung im Notarzt- und Rettungsdienst aus.
Um 16 Uhr startete der Flug nach Phuket. Nach der Landung am frühen Morgen wurden wir von einem Dolmetscher begleitet und mit Kleinbussen oder Hubschraubern an unsere Einsatzorte gebracht, die bis zu 800 km von Phuket entfernt lagen.
Die Herausforderung lag darin, dass das Katastrophengebiet sich auf ca. 3000 km Küstenlinie hinzog. Jeder der hier in Deutschland schon auf einem Großeinsatz war, weiß, dass Einsatzgebiete mit 500 m eine Herausforderung für jeden Einsatzleiter sind. Unser Einsatzgebiet sollte uns an die malayische Grenze führen. Hat Yai – darunter konnten wir uns ein kleines Dorf mit Krankenstation ebenso vorstellen, wie alles andere. Hat Yai ist eine Universitätstadt mit 63.000 Einwohnern und 13 Hospitals.
Ausgerüstet mit Notfallrucksack, EKG und Pulsoxymeter begab sich unser Team zum Flughafen um mit einem Hubschrauber nach Hat Yai zu starten.
Im Rettungszentrum war vorerst keine Crew für den Flug zu bekommen, so hieß es abwarten.
Das Rettungs- und Lagezentrum befand sich in einer Abfertigungshalle, auf dem militärischen Teil des Flughafens.
In dieser Halle war ein Verbandplatz eingerichtet mit Matratzen und Stühlen für die Verletzten Touristen, die auf ihren Rückflug warteten.
Im Laufe des Nachmittags stellte sich heraus, dass an diesem Tag ein Flug nach Hat Yai nicht mehr möglich war, so fuhren auch in ein Hospital in Phuket und triagierten dort Patienten die noch am gleichen Abend auf Strechtern mittels einer Chartermaschine nach Deutschland geflogen wurden.
Nach einer kurzen Nacht fuhren wir am 31.12. um 5 Uhr morgens wieder zum Flughafen.
Wir hatten von der Einsatzleitung den Hinweis, dass sich in einem Hospital mehrere Europäer befinden sollten.
Ein dort ansässiger und arbeitender Deutscher hatte nach dem Tsunami, eigenständig Nachforschungen betrieben, und seine Ergebnisse dem Auswärtigen Amt per mail mitgeteilt.
Begleitet wurden wir noch zusätzlich von einer Ärztin des Auswärtigen Amtes. Durch die Begleitung durch das AA waren uns in allen Hospitals die wir besuchten die Türen geöffnet worden.
Nach einer Flugzeit von fast 3 Stunden trafen wir in Hat Yai ein und nahmen Kontakt mit dem Deutschen auf der uns die Informationen geschickt hatte.
Zusammen fuhren wir in das erste Krankenhaus und sichteten die Patienten.
Alleine in diesem Haus befanden sich 9 Patienten die umgehend nach Deutschland gebracht werden mussten.
Häufigste Verletzungsmuster waren septische Weichteilverletzungen der unteren Extremitäten, Frakturen, Aspirationspneumonien mit ARDS, Thoraxtraumen und infizierte Schnittwunden. Die Patienten hatten alle Wundinfektionen und waren schwerst traumatisiert.
Die Thailändischen Ärzte hatten eine sehr gute Vorarbeit geleistet.
Wir konnten dem Verbandwechsel einer Patientin beiwohnen und waren im Anschluß daran sehr betroffen.
Damit der Patient diesen Verbandwechsel besser verkraftet (bei uns bekäme er dafür eine Vollnarkose im OP) bekam die Patientin einen zusammengerollten Waschlappen in den Mund geschoben. Dann wurde die Wunde bei vollem Bewusstsein gesäubert und frisch verbunden, die ganze Prozedur dauerte knapp eine Stunde. Dies wurde 2mal täglich durchgeführt.
Dank dieser, für uns unvorstellbaren Art der Behandlung, wird die Patientin ihr Bein behalten und auch die Funktion wird wieder hergestellt werden können.
In allen Krankenhäusern bot sich uns ein ähnliches Bild.
Es war häufig der glücklichste Augenblick seit der Katastrophe, als sie erfuhren, dass wir sie nach Deutschland bringen würden.
Die meisten unserer Patienten vermissten Angehörige oder Freunde. Endlich wieder deutsch sprechen, war für die meisten Patienten sehr beruhigend. Nach einer Katastrophe in einem fremden Land, die Landessprache und auch kein Englisch sprechend, war es für eine Patientin nicht möglich gewesen, dem Pflegepersonal zu erklären, dass sie das Kopfteil ihres Bettes hochgestellt haben möchte.
Die Qualität der Thailändischen Krankenhäuser ist sehr unterschiedlich.
In unserem ersten Haus gab es Krankensäle mit 50 Betten.
Das nächste Hospital war ein Privathospital, das Hotelcharakter hatte.
In Hat Yai besuchten wir 3 Krankenhäuser und hatten 19 Patienten für den Heimtransport als „rot“ triagiert.
Meine Aufgabe war es alle Patientendaten zu sammeln und verwalten.
Für den Heimflug nach Deutschland wurde die MedEvac für uns organisiert.
Von den 19 Patienten waren 10 Intensivpflichtig, 3 wurden auf dem Heimflug nach Deutschland in der Bundeswehrmaschine intubiert und beatmet.
Der Transport sollte am nächsten Tag stattfinden.
Nach diesen vielfältigen Eindrücken ging es für uns zurück zum Flugplatz um nach Phuket zufliegen und dort die Patientendaten an die Einsatzleitung weiterzugeben. Es musste auch der Transport von Hat Yai nach Phuket geplant werden. Unser Tag endete gegen 23 Uhr am Flughafen.
Sylvester feierten wir sehr besinnlich in Phukettown ab 23.30 Uhr und auch nur sehr kurz, da wir alle nicht in der Stimmung zum feiern waren.
Der Rücktransport nach Phuket mittels eines Hubschraubers war durch die große Anzahl der Patienten und deren Verletzungsmuster in unseren Augen nicht geeignet.
Wir bekamen Unterstützung von der U.S. Army, die uns ein Flächenflugzeug für den nächsten Tag zur Verfügung stellten.
Von unserer Krankenhausapotheke waren wir gut mit Medikamenten und Impfstoffen ausgestattet, doch leider dürfen nach Thailand keine Betäubungsmittel eingeführt werden, will man nicht die Todesstrafe riskieren. Da unklar war, wie streng die Kontrollen bei der Einreise sein würden, fehlten uns diese. Ärzte einer Hilfsorganisation hatte jedoch welche, die uns auch zur Verfügung gestellt wurden.
Zusammen mit sechs Ärzten und zwei Rettungsassistenten ging es im Morgengrauen am 1.1.05 mit einer Militärmaschine nach Hat Yai.
Viele der Patienten mussten speziell für den Flug versorgt werden.
Wir hatten für diese Aktion knappe 6 Stunden Zeit. Noch am Vorabend hatten wir die Patienten unter den Teams aufgeteilt und an Hand unserer Notizen DIVI-Protokolle vorbereitet, damit jeder die Patienten schon kennen lernen konnte.
In Hat Yai fuhr nun jedes Team in ein Hospital um seine Patienten zu übernehmen. Zusammen mit einem Arzt fuhr ich in ein Krankenhaus in dem 3 Patienten auf uns warteten.
Bei einer Patientin musste für den Transport noch ein Gipsverband am Bein angelegt werden, da sie eine Femorfraktur hatte die bis jetzt mit einer Extensionsschiene versorgt war. Mit dieser Extension wäre der Transport nicht möglich gewesen.
Nachdem dies erledigt war, kontrollierten wir ob von allen Patienten die nötigen Unterlagen und Medikamente für den Heimtransport vorhanden waren. Wir hatten bei unserem Besuch am Vortag mit den Kliniken abgesprochen, dass den Patienten die Antibiosen für den Heimflug mitgegeben werden sollten, um einen unnötigen Wechsel der Medikamente zu sparen.
Ich war für eine Patientin mit Weichteilverletzungen an beiden Beinen zuständig.
Frau X. lag 13 Stunden im Meer und wurde dann in ein Krankenhaus gebracht, nach 3 Tagen wurde sie über den Landweg 700 km transportiert und in diesem Haus versorgt.
Sie hatte bei der Flutwelle ihren Mann und zwei Kinder verloren. Für sie selbst war das Schicksal der Familie zu diesem Zeitpunkt ungewiss.
Sie waren soeben angekommen und hatten ihren Bungalow am Meer bezogen – mit Seeblick. Als die Familie auf der Terrasse stand, war sie irritiert, dass vor dem Meer eine Milchglaswand ist – „wir haben doch Seeblick gebucht“, waren die letzten Worte an ihren Mann, dann war sie auch schon von der Welle überspült.
Der Transport zum Flughafen erfolgte durch die Krankenhauseigenen Rettungsfahrzeuge.
Am Flughafen angekommen mussten wir feststellen, dass die Hercules noch nicht angekommen war.
Leider war auch das Telefonnetz wie so oft zusammengebrochen. Die Telefongespräche wurden automatisch nach 4 Minuten getrennt, damit sollte das Netz nicht überlastet werden, was aber nur manchmal funktionierte.
Wir hatten festgelegt, dass die intubiert, beatmeten Patienten erst geholt werden sollten, wenn der Flieger einladebereit war. Jetzt war es zu einer Verzögerung gekommen, die wir unbedingt weitergeben mussten. Hier kam uns der Deutsche wieder zu Hilfe, der mit seinem Auto in das entsprechende Krankenhaus fuhr und es dem Team mitteilen konnte.
Unsere Patienten legten wir in die Flughafenhalle.
Dort wurden die Patienten mit den Triagenummern der Luftwaffe gekennzeichnet.
Als unser Sauerstoff zu Ende ging, fuhr ein Thailändischer Rettungswagen zurück in die Klinik und brachte uns neue Flaschen.
Nach dem Eintreffen der Maschine begannen wir mit dem Umlagern.
Die Patienten die sitzen konnten wurden zuerst geboardet.
Die Herkules hatte schon die Tragen der Medevac mitgebracht, wodurch wir ein erneutes umlagern in Phuket nicht mehr nötig sein würde.
Nach Plan wurde dann jeder Patient an seinen Platz gebracht und gesichert.
Für uns war auf dem Rückflug nur noch Platz auf einer schmalen Ladeschiene auf die wir mit einem Frachtgurt gebunden wurden.
Wir haben in Thailand eine sehr große Hilfsbereitschaft kennen lernen dürfen, die ich hier in Deutschland noch niemals erlebt habe. Ganz egal von welcher Nation oder Organisation. Es war ein sehr erfreuliches und unkonventionelles Zusammenarbeiten.
Unsere Patienten befinden sich mittlerweile auf dem Weg der Genesung, was die körperlichen Wunden anbelangt, die Verluste der Angehörigen, sollten sie nicht lebend gefunden werden, dauern sicher noch lange – aber die Hoffnung stirbt zuletzt.
Für uns waren es Eindrücke die wir sicher nicht vergessen werden, es war ein hartes Arbeiten mit wenig Schlaf. Jeder von uns hat an der Grenze zu seiner Leistungsfähigkeit gearbeitet. Doch das Erfolgserlebnis, alleine in Hat Yai 19 Menschen sinnvoll geholfen zuhaben, war für uns ein Glücksgefühl. So sind wir ein klein bisschen Stolz auf unsere Leistung zurückgekommen. Dies war nicht nur der Erfolg unseres Zweierteams, dahinter steckte sehr viel Organisation im Katastrophenstab sowohl in Deutschland als auch in Phuket. In unserem Team haben alle schon mindestens 10 Jahre Notarzt und Rettungsdiensterfahrung, doch auch an solch traumatisierte Menschen waren wir nicht gewöhnt. Der Alltag hat uns mittlerweile wieder eingeholt und wir sind mit diesen Erlebnissen gut fertig geworden, geholfen dabei haben uns sicher die Gespräche miteinander.
Liebe Grüße
Narde