Ja, ich habe vor 10 Jahren eine Ausbildung zum Heilpraktiker gemacht, allerdings ohne die amtsärztliche Überprüfung. Ich wollte selbst gesund werden, nachdem die Schulmedizin meinte, sie könne nichts mehr tun. Ich hatte nie vor, mich als Heilpraktiker selbständig zu machen. Aber ich weiß um die enormen Hürden - bürokratisch wie psychisch, ideologisch etc. - die man als ehrlicher Heilpraktiker dann haben kann. Es gibt sehr viele Heilpraktiker die eigentlich verkappte Ärzte sind, denn die Grundwerte, Richtlinien und vor allem die innere Einstellung und Anschauungsweise unterscheidet sich schon ganz krass von der Schulmedizin. Das fängt bei der Symptomenbehandlung an, die die Schulmedizin verkörpert und die selten an die Ursachen geht. Das Wort ganzheitlich ist im schulmedizinischen nur ein Modewort geworden - leider auch in der Pflege, und es beinhaltet Körper, Geist und Seele. Finde ich in der Schulmedizin nur in oberflächlichen Ansätzen, bei der Homöopathie aber in fast ganzen Ausmaß. Ja, und die Überprüfung selbst vor dem Amtsarzt fragt fast nur rein schulmedizinisches Wissen ab - welch ein Schwachsinn - jedenfalls für mich.
Es gibt die unterschiedlichsten Ausbildungsformen und bei vielen muß man vorsichtig sein, es ist oft Abzocke und jede Schwesternausbildung ist umfangreicher und intensiver. Vorsicht bei den sog. Paukkursen bzw. Kursen, die nur von kurzer Dauer sind und nur den Stoff speziell auf die Überprüfung zugeschnitten anbieten. Sie sind oft extrem teuer und bieten wenig Inhalt, das kann man mit einem guten Lehrbuch und entsprechenden Vorkenntnissen sich selbst erarbeiten. Welche Maßstäbe bei der Überprüfung angelegt werden ist von Land zu Land unterschiedlich und hängt auch entscheidend von der Einstellung des jeweiligen Amtsartzes ab. Jahrelang grassierten Gerüchte, dass man z.B. in Stralsund eine leichte Überprüfung hat, gegenüber hier in Berlin sind sie verschärft. Und selbst hier waren krasse Unterschiede vorhanden.
Es gibt auch sehr gute Ausbildungen wie hier z.B. die Samuel Hahnemann-Schule, aber die sind entsprechend teuer. Eine gute Ausbildung sollte mindestens 3 Jahre umfassen, Praxis hast du selten dabei.
Eins ist aber gewiss: wenn du einmal anfängst mit diesem Beruf, dann ist ein lebenslanges Lernen auf sämtlichen Gebieten ein Muss.
Denn nach geschaffter Überprüfung bist noch lange kein richtiger Heilpraktiker, denn du mußt dich jetzt spezialisieren, schauen, was liegt dir am besten, ständig weiterbilden, leider auch Modeerscheinungen aufgreifen, prüfen und gegebenenfalls integrieren. du mußt dir hier immer vor Augen halten, dass deine Patienten Selbstzahler sind. Das heißt, du mußt eigentlich immer "besser" sein als die Schulmedizin. die Menschen kommen zu dir, weil die Schulmedizin oft nicht mehr weiter weiß, und dann bist du in deiner überzeugenden Persönlichkeit und mit deinen mehr als umfangreichen Wissen und Erfahrungen gefragt.
Ich will dir nicht den Mut nehmen, aber hier in Berlin gab und gibt es eine riesige Anzahl an bankrotten Heilpraktikern und solchen wie mich, die gar nicht erst zur Überprüfung gegangen sind. Zu bedenken ist auch, dass die Menschen immer weniger Geld für ihr Leben zur Verfügung haben und sich x-mal überlegen, ob sie sich einen Heilpraktiker leisten können. Die meisten Menschen haben immer noch die Einstellung, dass sie, wenn sie krank sind, eine Pille wollen. Sie wollen nicht an sich arbeiten, sie wollen nicht erkennen, warum sie krank geworden sind und sie wollen vor allem ihre krankmachenden Gewohnheiten nicht los lassen. Da hast du als Heilpraktiker zwar den Durchblick, aber deine Behandlung wird nur dann von Erfolg gekrönt sein, wenn die Patienten das auch verstehen und mitmachen.
Niemand kann einen anderen heilen, man kann nur sich selbst heilen. Aber man kann einen anderen Menschen Anregungen und Hilfestellungen geben, das zu erkennen und durchzuziehen.
Obwohl ich nicht zur Überprüfung gegangen bin, was ich ehrlich gesagt, seit vielen Jahren bedauere, hat mich diese Ausbildung dermaßen viel gelehrt und ich konnte dermaßen viel erfahren, dass sie mein Leben vollkommen umkrempelte und es noch tut. Denn es ist nach wie vor mehr als ein Hobby geworden. Ich kann mich und meine Familie, Freunde selbst behandeln, brauche sehr selten die Schulmedizin (Zahnarzt z.B.) und weiß, was es heißt eigenverantwortlich und gesund zu leben. Leider ist der Weg von der Theorie zur Umsetzung schwierig, viele Rückfälle, viel Hadern mit sich selbst und Gott, und den Menschen und den Systemen ....
Aber es ist, außer meine Kinder, das Wertvollste, was ich bisher in diesem Leben erfahren durfte.
Herzlich blauwolf