Gefunden in der HAZ vom 22.02.06
Sprachcomputer überprüft jetzt Migranten
Niederlande bekommen ein strenges Einwanderungsgesetz: Grundwissen in Geschichte und Gesellschaft als Bedingung
Von Thomas P. Spieker
Den Haag. Für die niederländische Ausländerministerin Rita Verdonk ist eines klar: „Sprache ist die erste Voraussetzung für das Zusammenleben.“ Wer als Einwanderer die Sprache eines Landes nicht beherrsche, finde keine Ausbildung, keinen Job und keinen Anschluss an die Menschen – kurzum: sei nicht integriert, sagte sie kürzlich vor ausländischen Journalisten.
Deshalb verlangen die Niederlande von Einwanderungskandidaten von März an den erfolgreichen Abschluss eines Tests – und zwar noch bevor der Boden des Landes betreten wird. An seinen Botschaften und Konsulaten im Ausland hat das Königreich für viel Geld Räume eingerichtet, in denen die Prüfung gegen Zahlung von etwa 350 Euro abgelegt werden kann. Nicht etwa gegenüber einem gestrengen Beamten, sondern an einem Sprachcomputer. Verdonks Behörde ist überzeugt davon, dass ein solcher Computer fair und präzise registriert, ob der Kandidat brav „bitte“ („alstublieft“) sagen kann.
Aber nicht nur Sprache wird getestet, auch ein Grundwissen über die niederländische Geschichte und die heutige Gesellschaft wird verlangt. Darauf können sich die Einwanderer mit einem Buch in 14 Sprachen, vielen Fotos und mehreren CD-ROM vorbereiten. So soll auch eine völlig verschleierte Frau aus Marokko erfahren, dass niederländische Frauen und Männer völlig unbekleidet an manchen Stränden liegen dürfen. Da das Bildmaterial dazu nicht in allen Herkunftsländern statthaft ist, gibt es eine „gesäuberte“ und eine „unkeusche“ Version des Vorbereitungsmaterials. Beide kosten immerhin 63,90 Euro. Hilfreiche Menschen in den Niederlanden müssen den Kandidaten das Material besorgen und schicken.
Kritiker sehen in dem Einwanderungstest vor allem ein Mittel, mögliche Immigranten abzuschrecken. Verdonk bestreitet das und unterstreicht, dass es ihr um eine wirkliche Integration derjenigen geht, die in den Niederlanden bleiben wollen. „Wir waren zu lange zu naiv“, sagte sie mit Blick auf die auch im einstigen Traumland der Toleranz offenbar gewordenen gesellschaftlichen Probleme. „Wer den Test besteht, ist herzlich willkommen“, versichert die Ministerin. In den vergangenen beiden Jahren allerdings haben viel mehr Ausländer die Niederlande wieder verlassen als neue hinzukamen.
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) signalisierte schon Interesse an dem niederländischen Modell. Auch er will die Zuwanderung für Migranten erschweren. Beim Treffen der EU-Justiz- und Innenminister lobte Schäuble am Dienstag in Brüssel die Änderungen im Nachbarland, wo neben der Umsetzung umfassender Sprachtests auch das Nachzugsalter für Eheleute von 18 auf 21 Jahre hochgesetzt wurde. „Wir können insoweit ein Stück von den Niederlanden lernen“, sagte Schäuble.
Sprachcomputer überprüft jetzt Migranten
Niederlande bekommen ein strenges Einwanderungsgesetz: Grundwissen in Geschichte und Gesellschaft als Bedingung
Von Thomas P. Spieker
Den Haag. Für die niederländische Ausländerministerin Rita Verdonk ist eines klar: „Sprache ist die erste Voraussetzung für das Zusammenleben.“ Wer als Einwanderer die Sprache eines Landes nicht beherrsche, finde keine Ausbildung, keinen Job und keinen Anschluss an die Menschen – kurzum: sei nicht integriert, sagte sie kürzlich vor ausländischen Journalisten.
Deshalb verlangen die Niederlande von Einwanderungskandidaten von März an den erfolgreichen Abschluss eines Tests – und zwar noch bevor der Boden des Landes betreten wird. An seinen Botschaften und Konsulaten im Ausland hat das Königreich für viel Geld Räume eingerichtet, in denen die Prüfung gegen Zahlung von etwa 350 Euro abgelegt werden kann. Nicht etwa gegenüber einem gestrengen Beamten, sondern an einem Sprachcomputer. Verdonks Behörde ist überzeugt davon, dass ein solcher Computer fair und präzise registriert, ob der Kandidat brav „bitte“ („alstublieft“) sagen kann.
Aber nicht nur Sprache wird getestet, auch ein Grundwissen über die niederländische Geschichte und die heutige Gesellschaft wird verlangt. Darauf können sich die Einwanderer mit einem Buch in 14 Sprachen, vielen Fotos und mehreren CD-ROM vorbereiten. So soll auch eine völlig verschleierte Frau aus Marokko erfahren, dass niederländische Frauen und Männer völlig unbekleidet an manchen Stränden liegen dürfen. Da das Bildmaterial dazu nicht in allen Herkunftsländern statthaft ist, gibt es eine „gesäuberte“ und eine „unkeusche“ Version des Vorbereitungsmaterials. Beide kosten immerhin 63,90 Euro. Hilfreiche Menschen in den Niederlanden müssen den Kandidaten das Material besorgen und schicken.
Kritiker sehen in dem Einwanderungstest vor allem ein Mittel, mögliche Immigranten abzuschrecken. Verdonk bestreitet das und unterstreicht, dass es ihr um eine wirkliche Integration derjenigen geht, die in den Niederlanden bleiben wollen. „Wir waren zu lange zu naiv“, sagte sie mit Blick auf die auch im einstigen Traumland der Toleranz offenbar gewordenen gesellschaftlichen Probleme. „Wer den Test besteht, ist herzlich willkommen“, versichert die Ministerin. In den vergangenen beiden Jahren allerdings haben viel mehr Ausländer die Niederlande wieder verlassen als neue hinzukamen.
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) signalisierte schon Interesse an dem niederländischen Modell. Auch er will die Zuwanderung für Migranten erschweren. Beim Treffen der EU-Justiz- und Innenminister lobte Schäuble am Dienstag in Brüssel die Änderungen im Nachbarland, wo neben der Umsetzung umfassender Sprachtests auch das Nachzugsalter für Eheleute von 18 auf 21 Jahre hochgesetzt wurde. „Wir können insoweit ein Stück von den Niederlanden lernen“, sagte Schäuble.