Anordnen von Medikamenten durch Pflegekräfte?

narde2003

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Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wie wird es bei euch gehandhabt? Ordnen bei euch Pflegekräfte eigenständig Medikamente an? Wenn ja, welche?

Nach den Richtlinien der Bundesärztekammer ist die Verordnung von Medikamenten eine nicht deligierbare Maßnahme.

Bei uns gibt es zum Beispiel einen für das gesamte Haus gültigen Schmerzstandard, nachdem auch eine Pflegekraft Medikamente verabreichen kann und darf, wenn sie sich an diesen hält.

Auf unseren Intensivstationen ist es üblich, dass es Vorgaben für z.B. Katecholamine und drucksenkende Medikamente oder auch Insulin gibt, wonach ich dann diese Medikamente anpassen kann.

Auf den Allgemeinstationen gibt es angeordnete Bedarfsmedikamente.

Bei allen anderen Medikamenten habe ich den Arzt zu fragen. Wird es bei euch ähnlich gemacht, oder gebt ihr frei nach Lust und Laune?

Schönen Tag
Narde
 
Moin Narde,
auch wenn ich wieder gesteinigt werde, ich kann eigenständig Medikamente geben und lasse es mir im nachhinein vom Dok anordnen.
Z.B. Insulin, Kalium, gemeinsam mit dem Dok. besprechen wir das Ziel des Blutdrucks und die Möglichkeiten, die ich nutzen kann, Antiemetikas, Sedierung ggf. erhöhen bzw. Bolus geben.

Aber das alles findet auf ITS statt, nicht zu vergleichen mit Normalstation und es setzt voraus, dass ich die Medikamente mit ihrer Wirkung und ihren Nebenwirkungen kenne! Bitte nicht vergessen!!!

LG Tobias
 
Hi Tobias,
ich steinige dich nicht, wenn es besprochen ist, ist es auch kein Problem. Es muss nur dokumentiert sein, dass ich was machen soll.

Auch in unseren Kurven steht ein Ziel z.B. MAP 70 - 90 und entsprechend kann ich dann die Medikamente anpassen.

Oder aber auch Urinausscheidung 100ml/h, also Furosemid anpassen an diese Werte.

CU
Narde
 
Ist man als Pflegekraft - auch auf einer Intensivstation - tatsächlich so bewandert in der Wirkung und Nebenwirkung der Medikamente bezüglich jeder Erkrankung?
Ich erinnere mich noch an meine erstaunten Augen, dass eine NaCl freie Infusion (gängige Praxis bei Hypernatriämie auf meiner vorherigen Station) doch gravierende Nebenwirkungen haben kann: Gefahr der pontinen Myoloyse.

Ich erinnere mich an einen Patienten der auf so ein einfaches Mittel wie Cerucal (methoclopramid) (gängiges Mittel bei Übelkeit auf meiner voherigen Station) mit parkinsonähnlichen Symptomen reagierte. Parkinson kannte ich vorher nicht.

Ich erinnere mich an einen Patienten der mit einer massiven Urinausscheidung bei der Gabe von Theophyllin reagierte.

Ich erinnere mich an einen Patienten der auf Haldol mit einem malignen neuroleptischen Syndrom reagierte.

usw.

Warum soll ich dem Doc die Verantwortung abnehmen und gängige Medikamente eigenständig geben? Nur weil ich sie 1000 mal gegeben habe und nichts passiert ist, kanns beim 1001sten mal schief gehen. Und dann? Dann übernimmt der Doc, das Haus die Verantwortung? Im Unglücksfall sagt der Kadi: das sehe ich ein... das kann eine Intensivpflegekraft schon abschätzen? Ich befürchte nicht.

Auch und gerade Intensivpflegekräfte bei denen stets ein Arzt kurzfristig greifbar ist, sollten mehr Verantwortungsbewusstsein zeigen. Oder können/ wollen sie dies nicht?

Elisabeth
 
Da sind wir ja wieder beim Thema, was darf eine Krankenschwester und was nicht. So viel ich weiß, darf offiziell eine Krankenschwester keine Medikamente anordnen, egal auf welcher Station. Es sei denn, der Arzt sagt, bei Fall x soll Medikament Y gegeben werden etc. Stellt sich die Frage, ob das richtig ist, oder falsch. Ich finde es falsch. Denn ein fachexaminierte Pflegekraft auf einer Intensivstation sollte Wirkung und Nebenwirkungn der entsprechenden Medikamente, die sie verabreicht, in und auswendig kennen, genau wie der Arzt, der arbeitet sich nämlich nach der Uni genau so in die Materie ein. Gesetzlich sieht das leider anders aus, so dass ich mich auch hier wieder Frage, warum die Kompetenzen und der erlaubte Tätigkeitsbereich der fachexaminierten Kräfte so eingeschränkt ist. Die Nebenwirkungen, die Du geschildert hast, sind sicherlich eine Ausnahme und ernst zu nehmen. Aber gerade auf einer Intensivstation ist ein Arzt vor Ort (meistens) und kann dann entsprechend reagieren.
 
@ Elisabeth Dinse: Ist das Dein Ernst, dass eine Intensivpflegekraft derartige Gefahren nicht abschätzen kann? Dann hätte sie ja komplett den Beruf verfehlt. Verantwortungsbewusstsein sei doch nun wirklich vorausgesetzt.
 
@ Elisabeth Dinse: Ist das Dein Ernst, dass eine Intensivpflegekraft derartige Gefahren nicht abschätzen kann? Dann hätte sie ja komplett den Beruf verfehlt. Verantwortungsbewusstsein sei doch nun wirklich vorausgesetzt.

Ja das ist mein Ernst. Und ich glaube schon behaupten zu können, dass ich fachkompetent war... nur das Fachgebiet war ein anderes geworden: ein "Fachidiot" fand sich in einer neuen Umgebung wieder...

Ich habe primär fast 10 Jahre in einer anästhäsiologisch-chirurgischen Intensiv gearbeitet und dann in die Neurologische Überwachung gewechselt. Auch ich fühlte mich anfangs über alles erhaben und durfte erkennen, dass ich nur ein Schmalspurwissen hatte das in der Neuro nur wenig nutzbar war. Daran hatte selbst die Fachausbildung A/I nichts geändert. Dort gabs nur Dozenten aus den anästhesiologisch-chirurgischen Fachgebieten. Der vermittelte logischerweise sein Fachgebiet und nicht die Neurologie.

Du prägst dir Wirkung und Nebenwirkung von Medikamenten fachbezogen ein. Anders geht es auch gar nicht bei ca. 50 und mehr verschiedene orale und i.v. Medikamente auf den Stationen. Gerade wenn es eher selten genutzte Mittelchen sind, liest man den Waschzettel... aber sonst ist vieles Routine: da war noch nie was, das ist ein einfaches problemloses Medikament. Umso schlimmer ist es dann, wenn ein seltene Nebenwirkung auftritt.

Und ich bin übrigens jedesmal aufs neue froh gewesen nicht eigenständig sondern auf Anordnung gehandelt zu haben.

Auf welcher Intensiv arbeitest du und wie lange schon?

Elisabeth
 
Moin,

@Elisabeth: bei den Medikamentenbeispielen, die Du weiter oben brachtest, bin ich sehr überrascht, dass Du das nicht wusstest - ich gehe davon aus, das war nach einiger Zeit auf einer ITS.

@Topic: Ich gebe auch oft Medikamente von mir aus - gerade so Dinge wie Propofol und Midazolam bei Beatmeten, oder Furosemid, oder Antiemetika usw. und lasse mir das im Nachhinein anordnen, bzw. gibt es Absprachen zwischen Docs und uns, dass wir das dürfen.

Na ja, wobei wir wieder einmal bei der sehr festgefahrenen Diskussion hier im Forum wären - Docs gegen Pflege, Kompetenz der Pflege und der imho immer gleichen Sache '...wehe es verklagt uns einer...'.

Bei allem kann was passieren...Mobilisiere ich jemanden aus dem Bett (mein Aufgabengebiet) und derjenige kollabiert und haut sich die Rübe an und verklagt mich anschließend - lasse ich deswegen jeden liegen? Weil irgendwas passieren kann ?

Ich bin der Meinung, man sollte auch hier abwägen zwischen 10mg Furosemid und bspw. einer Ampulle Ajmalin o.ä.. Es ändert natürlich nix am Prinzip, was ich appliziere, aber man kann alles auch etwas eng sehen.
 
@Elisabeth: bei den Medikamentenbeispielen, die Du weiter oben brachtest, bin ich sehr überrascht, dass Du das nicht wusstest - ich gehe davon aus, das war nach einiger Zeit auf einer ITS.

Ich bin erstaunt, wie vielen unfehlbaren Intensivpflegekräften man begegnen kann.
Ich bin nicht unfehlbar. Ich mache Fehler - ich bin ein Mensch... ich steh zu meinen Fehlern und ich lerne aus meinen Fehlern. Allwissend ist niemand - auch wenn manche es gerne sein wollen. Wissenserwerb ist ein mühseliges Geschäft und Wissen schützt einen nicht immer vor Fehlern *fg*.

Das Problem um das es hier ging, war das jemand mit wenig Berufserfahrung mit dem Brustton der Überzeugung Medikamente ansetzt. Das mag in einem Fachgebiet der richtige Weg sein... in einem anderen genau der Falsche. Und gerade die Routine wiegt einen oft in einer falschen Sicherheit - dazu waren meine Beispiele gedacht.

Elisabeth
 
Elisabeth Dinse schrieb:
Ich bin erstaunt, wie vielen unfehlbaren Intensivpflegekräften man begegnen kann.
Ich bin nicht unfehlbar. Ich mache Fehler - ich bin ein Mensch... ich steh zu meinen Fehlern und ich lerne aus meinen Fehlern. Allwissend ist niemand - auch wenn manche es gerne sein wollen. ...

Elisabeth

*kopfschüttelundüberdasdummgeschwätzärger*

Ich habe nie behauptet unfehlbar zu sein - es gibt allerdings Dinge, die kann und sollte man wissen und das o.g. gehört für mich irgendwie dazu...

Cys
 
Moin,
was haltet Ihr davon!
Mein Dok ordnet an "intensivierte Insulintherapie", wie ich das anstelle ist mein Problem!
Mein Dok odnet an MAP zwischen 60 und 80mmHg, wie ich die Kathecholamine oder Nitro oder Urapil einstelle ist mein Problem. Meist ist die Pflegekraft näher am Patienten und kann besser reagieren, bzw. weiß teils von den Vortagen wie der Patient reagiert!!

Alles wissen und können tu ich nicht, werde ich auch nie, ich mache auch regelmäßig Fehler, bin halt ein Mensch, das gilt auch für Ärzte!! Aber Erfahrung habe ich und die kann mir keiner streitig machen!
Ich gebe auch zu, daß ich nicht für jeden Dok arbeite, denn: "So wie man in den Wald herein ruft, schallt es wieder raus!!"
Aber das soll ein anderes Thema sein!

LG Tobias
 
Wir hatten unseren Docs sogenannte Limits abgerungen: wenn - dann. War ziemlich schwierig, da zuerst immer der Satz kam: wie macht ihr das denn so? Als die Vorgaben endlich feststanden waren beide zufrieden. Es geht also doch.

Elisabeth
 
ich darf bei mir im suchtbereich medikamente wie:

motilium
vomex
catapresan 75
talcid
euvegal zur nacht

geben ...

alles andere nach arztanordnung!!!

suchtschwesterchen :anmachen:
 
Wie? Du hast den Medikamnetenscharnk aufgemacht und dir die Wirkungsweise der Medis durchgelesen und nun setzt du sie einfach an?
...
Ist es nicht eher so, dass der Doc diese Medikamente als Bedarfsmedikamente frei gegeben hat mit Auflagen, wann das Medikament in welcher Dosis eingesetzt werden soll?

Elisabeth
 
Hallo!
Ich kenne es auch so, dass der Arzt anordnet und meistens noch etwas dazu sagt, also unter welchen Umständen das Med. verabreicht werden soll z.B. nächtl. Unruhezustände. Allerdings gibt es auch immer wieder Situationen wo man selber entscheiden muss, was nicht gut ist.
Z.B. gibt es bei uns auf Station viele Anordnungen nach Ansage, also muss man jeden Tag den Arzt fragen (WIRKLICH!), nun frage ich ob die Periplasmal laufen soll (nebenbei sage ich noch über d. Tropfenzähler, da manche Ärzte es gerne frei laufen lassen) , schliesslich soll sie und wenn ich frage wieviel ml/h bekomme ich zur Antwort:" na, hmm machen Sie mal eine gute Geschwindigkeit" Diese Antwort finde ich nicht gut, denn es hängt schliesslich vom AZ&Laborwerten des Patienten ab, wie infundiert wird und der Arzt hat/sollte die genaueren Werte etc. parat haben. Als Pflegende/r weiss man schon über die Patienten becheid, aber wer schaut sich schon jeden Morgen die Labowerte vom Vortag an (ITS ausgenommen)?
 
Hallo Elisabeth Dinse!

Nein, die Frage galt nicht Dir, sondern war ALLGEMEIN gestellt!!!!!
 
Elisabeth Dinse schrieb:
Wie? Du hast den Medikamnetenscharnk aufgemacht und dir die Wirkungsweise der Medis durchgelesen und nun setzt du sie einfach an?
...
Ist es nicht eher so, dass der Doc diese Medikamente als Bedarfsmedikamente frei gegeben hat mit Auflagen, wann das Medikament in welcher Dosis eingesetzt werden soll?

Elisabeth


galt diese frage mir?

suchtschwesterchen :anmachen:
 
Suchtschwester schrieb:
galt diese frage mir?

suchtschwesterchen :anmachen:

Mich würde schon interessieren, wie du das konkret gemeint hast. Ich würde denken, es war nur mißverständlich ausgedrückt. Aber vielleicht irre ich ja auch und du darfst tatsächlich nach eigenem gusto ansetzen.

Elisabeth
 
Elisabeth Dinse schrieb:
Mich würde schon interessieren, wie du das konkret gemeint hast. Ich würde denken, es war nur mißverständlich ausgedrückt. Aber vielleicht irre ich ja auch und du darfst tatsächlich nach eigenem gusto ansetzen.

Elisabeth


ich nehme ein beispiel:

patient kommt zu uns auf station, wurde vom doc noch nicht gesehen,
- klagt über übelkeit - ich gebe ihm motilium (vom doc also noch nicht angesetzt)
- klagt über sodbrennen - ich gebe ihm talcid (vom doc ...)
- ist im entzug ... hat RR und P werte, die im norm sind - ich gebe ihm catapresan 75µ (vom doc ....)

alles andere, was entzugsmedikation wie distraneurin, diazepam oder substituionsmedikation angeht - DAS setzt der arzt an!!!


suchtschwesterchen :anmachen:
 
Vor das Therapieren hat ein kluger Mensch das Diagnostizieren gesetzt. Ich kann von Diagnosen bei dir nichts finden. Du therapierst eindeutig nur Symptome. Du handelst eindeutig unreflektiert... wie ein Laie.
Aber wahrscheinlich ist Fachkompetenz in eurer Einrichtung auch nicht wichtig. Für die Pat. ist zu hoffen, dass sie möglichst keine somatischen Grunderkrankungen haben:

Motilium: gastrointest. Blutungen, mechan. Obstruktionen od. Perforation, eingeschr. Leberfkt. (dürfte bei Alkoholikern nicht selten sein)
Talcid: stark eingeschränkter Nierenfunktion,
Catapressan: AV-Block II. und III. Grades

Der Volksmund sagt: der Krug geht solange zum Brunnen bis er bricht. Es scheint in dieser Klinik ein rechter Schlendrian zu herrschen. Im Falle eines Falles stehst du übrigens für dein Handeln grade. Die eventuelle Unwissenheit deiner Ärzte bezüglich der Medikamnetenwirkung interessiert dann nicht mehr, da du eigenmächtig ohne schriftliche Ansetzung gehandelt hast.

Elisabeth

PS Übrigens vielen dank für den Tipp. Werde ggf. auf solche möglichen Ursachen für eine gravierende Verschlechterung eines Pat. in einer Psychiatrie hinweisen.
 

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