
Ich arbeite seit 10 Jahren in der Pflege. Krankenschwester war damals mein absoluter Traumberuf und nie hätte ich es für möglich gehalten, jemals an den Punkt zu kommen, an dem ich jetzt bin: Nämlich der zu sagen, ich will und vorallem
ich kann nicht mehr.
Ich habe keinerlei Zeit mehr, weder für meine Hobbys, noch für meinen Freund oder meinen Haushalt. Ich leide permanent unter Schlafstörungen, Magenschmerzen und Rückenschmerzen. Mein Arzt hält mir ständig Vorträge darüber, ich solle mehr Sport machen - er hat ja recht - aber wann soll ich denn Sport machen? In den Zwei Stunden die ich zwischen Früh und Spätdienst zu Hause bin? In denen ich nicht einmal meinen Haushalt bewältige weil ich so fertig bin das ich, sobald ich sitze einschlafe. In den wenigen freien Tagen, die ich eigentlich zur Erholung bräuchte, in denen ich aber liegengebliebenen Schreibkram (Pflegeplanungen, Pflegevisiten, Tourenpläne, Dienstpläne für die Schüler ect. und nicht zu vergessen auch persönliche Administration) erledigen muss, meinen Haushalt wieder in Ordnung bringen und Einkäufe erledigen muss. Ich war früher leidenschaftliche Schwimmerin, Saunagängerin und Tänzerin - all dies habe ich das letzte mal in meinem Urlaub machen können und der ist über zwei Monate her. Momentan habe ich nicht einmal die zeit zur vom Orthopäden verordneten Physiotherapie zu gehen.
Es ist diese Perspektivlosigkeit, dass Wissen das ich zwar kündigen kann, aber auch woanders nicht weiß ob ich es dort besser treffe. Es ist die Tatsache das ich für gut 850 Euro netto im Monat offiziel 25 Stunden/Woche arbeite, inoffiziell aber jede Woche ca. 8 Stunden Arbeitsleistungen erbringe die ich als solche nicht geltend machen kann/darf und somit einen tatsächlichen Stundenlohn von 6,44 Euro habe. Die Tatsache das mein Arbeitszeitkonto diesen Monat die Grenze von 200 Mehrstunden mehr als sprengen wird ich aber keine einzige davon bezahlt bekommen werde. Die Tatsache das ich Feiertage arbeite, Wochenenden, Weihnachten, Ostern für einige wenige Cent mehr, ohne das es Urlaubs oder Weihnachtsgeld gibt. Das ich 20 Stunden Weiterbildung pro Jahr in meiner Freizeit erbringen muss, bei denen kaum eine WB dabei ist die mir wirklich etwas bringt oder in der Praxis umsetzbar ist. Nicht zuletzt die Tatsache, das in einem Beruf bei dem es auf Hilfsbereitschaft, Verständnis, Einfühlungsvermögen und Nächstenliebe ankommt, jeder aus Resignation - viele PDL`s/Geschäftsführungen aus Geldgier - nur noch die Ellenbogen zum Vorwärtskommen benutzen.
Irgendwann mal gab es eine Zeit in der ich unheimlich stolz darauf war, wenn man mich nach meinem Beruf gefragt hat und ich antworten konnte: Ich bin Krankenschwester.
Heute schäme ich mich manchmal dafür und das ich in der ambulanten Pflege arbeite, verschweige ich oft ganz.