Sterben lassen vs. Sterbehilfe

Jule1005

Newbie
Registriert
27.07.2009
Beiträge
3
Hallo zusammen!
Das ist sicher ein heikles Thema und ich bin aus aktuellem Anlass gerade etwas ratlos.
Kurz: es geht um einen dementen Bewohner (einen Ordensbruder), der in der letzten Zeit stark abgebaut hat und 7 Tage präfinal war, bevor er verstorben ist. Die letzten 4-5 Tage hat er nichts mehr zu sich genommen; eine Anfrage bezüglich subcutaner Flüssigkeitszufuhr wurde von dem Betreuer aus seinem Orden abgelehnt (der zuständige Hausarzt war im Urlaub und ein anderer Arzt wurde nicht hinzugezogen).
Nun ist meine Frage, die mich wirklich beschäftigt, ob das ok ist?! Darf man einem präfinalen Menschen über Tage hinweg selbst die Flüssigkeitszufuhr vorenthalten? Es geht mir dabei nicht um eine lebensverlängernde Maßnahme, aber de facto kann man doch nach einem solchen Zeitraum ohne Flüssigkeitszufuhr nicht mehr unbedingt von einem "natürlichen" Tod sprechen, oder?! Das grenzt doch schon an unterlassene Hilfeleistung / Sterbehilfe, oder?!
Mir ist klar, dass das harte Worte sind, aber das beunruhigt mich. Ich bin nur aushilfsweise dort im Dienst und bekomme viele Dinge nicht oder zu spät mit. Leider.
Es wäre nett, wenn ihr mir sagen könntet, ob ein solchen Verfahren mit Präfinalen "normal" ist? Aus dem KH kenne ich soetwas nämlich nicht.
Danke schonmal!!!

ps. soweit ich weiß hat der betreffende Bewohner in seinen gesunden Zeiten nie geäußert, dass er so ein Verfahren explizit wünschen würde!
 
Hallo!
Ich denke das es manchmal schwierig ist in solchen Situationen die richtige Entscheidung zu treffen und bin froh das ich sie nicht fällen muß. Allerdings finde ich auch, das man niemanden verdursten oder verhungern lassen muß.:cry:

LG
 
Hört sich ethisch sehr schwierig an ... ich selbst arbeite auch in einem Krankenhaus und weiss nicht wie es in Alten-bzw.Pflegeheime "üblich" ist. Ordensbrüder haben (wahrscheinlich) sehr viel geleistet aber können (nur weil sie "so eng" mit Gott zusammen arbeiten) auch nicht medizinische Entscheidungen treffen ....! Ist eig. ein Wahnsinn. Ich hab in einem Praktikum eine so ähnliche Situation erlebt, wobei ich anmerken möchte dass sich hier das Diplom Personal SEHR stark gemacht hat um Infusionen anhängen zu dürfen. (war fast ein Streit!-Wahnsinn oder)
so einen SItuation ist immer schwierig, aber im Grunde war es nicht Deine Entscheidung, denn du hättest anders gedacht, hast dies auch sicher gesagt und somit kann man leider nichts an der Situation ändern.


Ich glaube man hätte nichts am Tod des Menschen ändern können doch das WIE hätte man sicher ändern können. (jeder Mensch weiss ich schlimm Durst ist!)

Wir können uns nur glücklich schätzen dass wir über solche Dinge (in einem gesunden Ausmass) nachdenken....so weiss man immer das man noch nicht "in Sich Selbst tod" ist!
LG
 
Hallo Jule,

Was war an diesem Tod nicht natürlich? Wenn wir mit unserer Medizin eingreifen, dann wird es doch erst unnatürlich, oder nicht?

Wenn diesem Menschen gute Pflege zu Teil geworden ist(Mundpflege, Hygiene soweit möglich und evtl. auch nötig), er keine Schmerzen hatte und ihm auch sonst ein gewisser sozialer Kontakt geblieben ist, dann ist das finde ich ein ganz natürlicher Tod. Ein Tod wie man ihn sich vielleicht wünschen könnte.

In unserem was-noch-medizinisch-möglich-ist - Denken haben wir uns schon sehr vom "normalem" Sterben entfernt.

Wie Du geschrieben hast, war dieser Mensch ein Ordensbruder, ein anderer Ordensbruder, der wohl im Rahmen des Ordens für seine Pflege zuständig war, hat über die nötigen oder auch nicht mehr nötigen medizinischen Maßnahmen entschieden. Ich denke, dass diese Ordensgeschwister, sei es rk oder ev oder ähnliches oft eine ähnliche Vorstellung über den "weltlichen Abgang" haben und ganz ähnlich in gewissen Situationen entscheiden und denken.
Für Christusgläubige ist das Sterben ein hinübergleiten in die Arme Gottes, und somit in ein besseres Dasein. Wieso dann weltliches Leben verlängern?

Mag hart klingen. Ist auch etwas provokant für den der helfen will. Aber, ich finde, das muss man akzeptieren.

Grüße

bani-banani
 
Das grenzt doch schon an unterlassene Hilfeleistung / Sterbehilfe, oder?!

Definitv nein. Der Körper könnte die Flüssigkeit nicht mehr verstoffwechseln und sie würde ihn nur zusätzlich belasten und Energie kosten.
Wichtig ist Mundpflege fachgerecht durchzuführen, damit ein unangenehmes Gefühl duch Austrocknen der Schleimhäute vermindert werden kann.

Vielleicht gibt es in deiner Nähe Palliativfortbildungen, die du besuchen kannst. Dort wird sich unter anderem mit solchen Themen ausführlichst auseinander gesetzt.

Gruß,
Lin
 
Danke erstmal für eure Antworten!! :)

aber im Grunde war es nicht Deine Entscheidung

Nicht dass ich falsch verstanden werde, es geht mir nicht darum, ob das meine Schuld oder meine Entscheidung war. Da ich nur im Nachtdienst bin und das auch nur ab und zu kann ich an vielen Dingen die über Tag entschieden werden eh nix ändern. Mir geht es nur um die Frage der rechtlichen, wie auch ethischen Vertretbarkeit und der Grenze zu Sterbehilfe.
 
Dieser Thread zeigt m.E. auf, wie wenig man mittlerweile übers Sterben als physiologsichen Vorgang weiß und wie unsicher man im Umgang damit geworden ist.
Die moderne Medizin hat uns lange Glauben gemacht, dass der Mensch unsterblich sein kann... bis der Pat. sich gegen diese Auswüchse zur Wehr zu setzen versucht mit der Patientenverfügung.

Es müssten dringend mehr Pallitaivseminare als Pflichtweiterbildung angeboten werden um dieses Manko zu beseitigen. Denn wir werden zukünftig infolge der demographischen Veränderungen mehr mit diesem Thema konfrontiert werden.

Elisabeth
 
Ich hab leider kein Englisch gehabt. Kannst du ev. eine Kurzzusammenfassung einstellen.

Vielen Dank

Elisabeth
 
Vorab ein Tipp: Die Google Sprachtools beherrschen inzwischen alle gängigen Sprachen - wenn man mal grob irgendwas Fremdes überfliegen will.

Hab mir übrigens auch nur die Zusammenfassung durchgelesen:

Also, die Kollegen hatten dort 12 Monate lang, 32 Patienten, die an einer terminalen Erkrankung erkrankt, aber orientiert sind, beobachtet. Keine parenterale Ernährung.
Es ging konkret darum, inwiefern man in dieser Phase noch Hunger/Durst hat.
Hunger, Durst und Mundtrockenheit (und natürlich Lebensmittel und Getränke) wurden dokumentiert.
Die Ergebnisse:
- 63% hatten nie Hunger
- 34% hatten nur anfangs Hunger/Durst
- 62% hatten nie Durst bzw nur anfangs...

Bei allen Pat konnten die Symptome durch geringe Mengen von Nahrungsmitteln, Getränke, bzw Eiswürfeln oder einnässen der Lippen genommen werden.

Anmerkung: 94% der Pat erhielten BTM aufgrund von Schmerzen
 
Danke für die Mühe. Irgendwie ist mir das mit Google- Sprachtool entfallen.

Die Ministudie scheint meine Ansicht, dass man in der präfinalen Phase die Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme reduziert und in der Finalphase gänzlich einstellt, zu bestätigen.

Elisabeth
 
Hallo , sicher wird der Bedarf des Körpers im präfinalen oder finalen Stadium nach Nährstoffen und Flüssigkeit geringer bzw. gänzlich eingestellt,da ja die Zentralisation beginnt und somit nur noch die wirklich lebenswichtigen Organe versorgt werden. Pumpe ich jemanden,der schon zentralisiert,mit Flüssigkeit voll,fängt er an,im Gewebe einzulagern (Ödeme) und stirbt letztendlich am Lungenödem. Deswegen bei finalen Patienten nur minimale Flüssigkeitszufuhr in Form von Lippen befeuchten.
 
Kann dir da nur zustimmen, in einem Prävinalstadium ist das nicht mehr relevant. Du belastet den Bewohner nur zusätzlich. In der Phase dess sterbens denke ich, zählt nur noch die auseinadersetzung mit dem Tod.
Für den Menschen das verstehen und akzeptieren das es zu ende geht .
Ernährung ist da genauso unwichtig . Ordentliche Mundpflege , Lippen und Mundflora feucht halten und einfach" da sein" ist das wichtigste. Ebenso GKW und regelmässig am besten stündliche Lagerung, ist da ebenso nebensächlich, es tut ihm nur noch weh und bringt schlussendlich doch nichts. Also Schmerztherapie und eine angenehme Atmosphäre. Ich selbst arbeite im KH und da laufen die Uhren anders. Ich finde die Entscheidung des Arztes in Ordnung und kann diese auch nachvollziehen.

Gruss

Definitv nein. Der Körper könnte die Flüssigkeit nicht mehr verstoffwechseln und sie würde ihn nur zusätzlich belasten und Energie kosten.
Wichtig ist Mundpflege fachgerecht durchzuführen, damit ein unangenehmes Gefühl duch Austrocknen der Schleimhäute vermindert werden kann.



Gruß,
Lin
 
Schmerz- und Palliativ Station,
wer kann mir sagen wie ein Arzt handeln muß, wenn der Patient sagt:
"ich möchte mein Leben den natürlichen Weg gehen lassen".
Es geht um einen Patienten mit massiven Pleuraergüssen und Verdacht auf Pleuramesontheliom (histologisch nicht gesichert).
Nach 2. mal auf der Intensivstation lag er 4 Tage auf der Schmerz- und Palliativ-Station,etwas schwach, konnte nicht aufstehen,aber ohne Schmerzen und voll ansprechbar/anwesend.Am 4. Tag bekam er Atemnot (keine O2-Messung) und ihm wurde Midazolam und Morphin verabreicht bis exitus.Chirurgisch konnte dem Patienten zu dem Zeitpunkt nicht geholfen werden.
Was für eine Art von Sterben lassen/Sterbehilfe ist das? Ist das der natürliche Weg?
 
Es ist durchaus lege artis bei Dyspnoe in der Finalphase Morphium zu geben.

Den Satz des Pat. würde ich nicht so interpretieren, dass er ohne jegliche Symptomlinderung sterben wollte. Er wollte eine palliative Therapie und hat eine weitere kurrative Therapie abgelehnt.

Elisabeth
 
Warum ist es in Deutschland bloss so schwierig,zu sterben?? Als Patient darf man nicht gehen,wenn die Uhr abgelaufen ist...die Uhr wird meist künstlich verlängert!!Es ist zum Heulen.Weiss man eigentlich,was man dem Patienten und deren Angehörigen oft antut.Ich sehe oftmals keinen Sinn in Therapien,aber leider ist ja auch oft die ärztliche Aufklärung schwammig und nicht verständlich und es werden weiter Hoffnungen geschürt,die völlig unrealistisch sind...
Ich finde es sehr schön,wenn ein Patient sterben darf..und das schmerzlos,in netter Umgebung,mit menschlicher Nähe....das ist Medizin,wie ich sie mir wünschen würde...
 
Das alles ist ja innerhalb 2 Wochen "passiert". Und die Verlegung auf die Schmerz- und Palliativstation war nicht seine Entscheidung sondern die der Ärzte. Also von Vorbereitung auf den Tod oder gar sterben wollen war in diesem Fall nie die Rede. Und die Familie ist davon ausgegangen, das diese Station auch "intensivmedizinisch" ist.
 
Das alles ist ja innerhalb 2 Wochen "passiert". Und die Verlegung auf die Schmerz- und Palliativstation war nicht seine Entscheidung sondern die der Ärzte. Also von Vorbereitung auf den Tod oder gar sterben wollen war in diesem Fall nie die Rede. Und die Familie ist davon ausgegangen, das diese Station auch "intensivmedizinisch" ist.

Oh,ich meinte jetzt auch gar nicht so unbedingt diesen Fall....habe eher allgemein laut gedacht:flowerpower:
 

Ähnliche Themen