Diagnostischer Prozess bei der basalen Stimulation?

hartwig

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02.04.2006
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338
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Krankenpfleger
Akt. Einsatzbereich
Dozent, Stationäre Pflege
Moin, moin!

Ich habe eine Frage zur Diagnostik bei der basalen Stimulation - ich selber habe nur eine Grundkurs in diesem Bereich, habe also ausser ein paar ersten kleinen Einblicken keine Kenntnisse...

Ist basale Stimulation eher als Komunikationsangebot zu verstehen oder geht der Ansatz in Richtung Therapie? Beinhaltet es beides?

Gibt es einen diagnostischen Prozess, oder anders gefragt, wie entscheidet ihr, welches Angebot ihr macht? Sicherlich muss man am Ende auch ausprobieren, auf was der Patient reagiert, aber findet zuvor eine Diagnostik statt nach der ihr gewisse Angebote auswählt oder ist es eher zufällig, welches Angebot ihr macht?

Wie gesagt, ich bin ein Neuling auf diesem Gebiet...:)

Gruss Hartwig
 
Ich denke es ist von allem etwas, man kommuniziert auf eine gewisse Weise und baut Beziehungen auf; man verwendet es therapeutisch- indem man neue Reize setzt und Besserungen/Linderung schafft.
Und diagnostisch sicher auch da man Dinge erkennen kann die sonst nicht so auffallen würden
www.basale-stimmulation.de
 
hallo Hartwig,
ist jetzt etwas abweichend, aber in deinem Profil steht, daß du in der Endoskopie arbeitest. Was hast du in diesem Bereich "basal stimulierendes" vor?
Hast du den Grundkurs aus eigenen Stücken (und mit eigenen Finanzen) gemacht oder hat auch dein Arbeitgeber ein Interesse daran?
Wenn ja, was erwartet der sich von einer in diesem Bereich fortgebildeten Fachkraft?

Die Fragen mein ich ernst, ich finde es immer total interessant, warum jemand aus einem vermeintlich fremden Bereich sich auch in andere Arbeitsfelder einarbeitet. Klasse!

mit Interesse auf Antwort wartend
Karola
 
Um deine Frage zu beantworten, muss man sich mit dem Ursprung des Konzeptes befassen. Es geht hier um die Möglichkeit eines Entwicklungsangebotes für schwer mehrfach behinderte Kinder. Fröhlich war der Meinung, dass die Einschränkungen im Bereich Wahrnehmung, Bewegung, Kommunikation eine Entwicklung fast unmöglich machen und deshalb hat er Angebote in diesem Bereichen gemacht.

Problem: Deprivation (Reizminderung)
Ätiologie: Erkrankungen der Sinnesorgane, Störungen der Kommunikation, Isolation, usw.
Symptome: ...

Problem: Reizüberflutung bei gleichzeitig eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten
Ätiologie: Bewußtseinstrübungen
Symptome: ...

Elisabeth
 
hallo Hartwig,
ist jetzt etwas abweichend, aber in deinem Profil steht, daß du in der Endoskopie arbeitest. Was hast du in diesem Bereich "basal stimulierendes" vor?

Moin, moin!

Stimmt, in der Endoskopie gibt es wohl weniger Ansatzpunkte für basale Stimulation - obwohl bei uns mal ein Forschungsprojekt lief, bei der es um die Frage ging welchen Effekt Musik auf die Stressreduktion vor endoskopischen Untersuchungen hat, dies könnte man unter Umständen auch zur basalen Stimulation zählen. Sonst ist mein Interesse rein privat.
Basale Stimulation ist in Frankreich - meiner Erfahrung nach - so gut wie unbekannt, so dass es von Seiten des Arbeitgebers da keine Unterstützung gibt.
Den Grundkurz habe ich vor einigen Jahren, damals, im Rahmen der Ausbildung gemacht.
Mich interessiert immer wieder die Frage, wie Pflegepersonal eigentlich entscheidet, welche Massnahmen sie einsetzt. Oft ist dieser Prozess wenig greifbar und die Komponente "Zufall" scheint eine gewisse Rolle zu spielen. Mich interessiert daher, wie das Konzept der Basalen Stimulation aufgebaut ist. Ist hier - ähnlich dem Pflegeprozess - eine Handlungskreis: "Einschätzung", "Durchführung", "Evalutation" sichtbar? Wenn also eine Pflegekraft über basale Stimulation eine Komunikation zu einem Patienten aufbauen will, würde sie - platt gefragt - erst einmal mit einem beliebigen Angebot anfangen, oder beinhaltet das Konzept einen diagnostischen Prozess, also eine Analyse des Zustandes nachdem die Pflegekraft gewisse Angebote vorselektiert?

Gruss Hartwig
 
Das Konzept beinhaltet einen diagnostischen Prozess... nur nicht im Pflegebereich. Da arbeiten wir ja fast alle nach der Devise: Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn. *grummel*

Elisabeth
 
Da müsstest du dich an Fröhlich selbst wenden. Mir ist nur der Pflegeprozess bekannt- siehe oben. Wie die Pädagogen diagnostizieren- keine Ahnung. Hat mich auch nie interessiert- da ich eher der Pflege verhaftet bin und die dort vorhandenen Strukturen nutzem will.

Elisabeth
 
Da müsstest du dich an Fröhlich selbst wenden. Mir ist nur der Pflegeprozess bekannt- siehe oben. Wie die Pädagogen diagnostizieren- keine Ahnung. Hat mich auch nie interessiert- da ich eher der Pflege verhaftet bin und die dort vorhandenen Strukturen nutzem will.

Elisabeth

Das verstehe ich nicht. :gruebel: Nutzt Du das Konzept nur auf der Handlungsebene?
Wie gehst Du denn persönlich bei der basalen Stimulation vor? Wie entscheidest Du, welches Angebot Du dem Patienten machst?
Wenn das Konzept bereits über eigene diagnostische Elemente verfügt, warum setzt Du die dann nicht ein?

Zum Thema Diagnostik in der Pädagogik: Dies ist in der Pflege sicher nicht zu vernachlässigen. Beratungsaufgaben werden immer wichtiger und gerade bei komplexen Beratungssituationen erscheint es mir wichtig, den Patienten zunächst einschätzen zu können um ein geeignetes didaktisches Konzept zu haben. Ein komplexes Gebiet, nicht umsonst gibt es dafür entsprechende pflegerische Weiterbildungen und Studiengänge.

Gruss Hartwig
 
Problem: Deprivation (Reizminderung)
Ätiologie: Erkrankungen der Sinnesorgane, Störungen der Kommunikation, Isolation, usw.
Symptome: ...

Problem: Reizüberflutung bei gleichzeitig eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten
Ätiologie: Bewußtseinstrübungen
Symptome: ...

Ergo: Ich beobachte den Pat.. Wie sieht es mit der Ressourcen im Bereich Wahrnehmung, Bewegung, Kommunikation aus? Wie ist die Umgebung gestaltet? Wo braucht der Pat. Unterstützung für den Umgang mit der derzeitigen Sitauation? usw.

Irgendwie verstehe ich die Frage glaube ich nicht. Es gibt hier keine Checkliste, kein Assessment- nur das Wissen um die Zusammenhänge. Man kann nichts quantitativ messen, allenfalls einen Eindruck qualitativ beschreiben.

Elisabeth
 
Irgendwie verstehe ich die Frage glaube ich nicht. Es gibt hier keine Checkliste, kein Assessment- nur das Wissen um die Zusammenhänge. Man kann nichts quantitativ messen, allenfalls einen Eindruck qualitativ beschreiben.

Elisabeth

:gruebel: Ich denke, ich drücke mich nicht verständlich aus... (sorry) Es geht mir darum, diesen Prozess des Einschätzen sichtbar und für andere nachvollziehbar zu machen. Du kennst selber das Problem, dass Pflegeschülern zwar jeden Menge schöner Massnahmen beigebracht werden, dass sie aber kaum darin ausgebildet sind, zu erkennen, wann und unter welchen Umständen sie welche Massnahme einsetzen sollen. Das Ziel soll darin bestehen, diesen Ablauf zu strukturieren, aber auf keinen Fall eine Checklisten Diagnostik zu betreiben, da eine Checkliste im besten Fall nur eine Hilfe ist und keine Checkliste idividuell an den Patienten anpassbar ist und ausserdem die Gefahr besteht, dass man sein Gehirn dabei ausschaltet...
Also, wenn basale Stimulation als therapeutischer Ansatz zu verstehen ist, muss in irgendeiner Form eine Diagnostik laufen, denn ohne Diagnostik keine Therapie! Du beschreibst in Deinem Posting ja bereits den Ansatz eines Assessments:

Ergo: Ich beobachte den Pat.. Wie sieht es mit der Ressourcen im Bereich Wahrnehmung, Bewegung, Kommunikation aus? Wie ist die Umgebung gestaltet? Wo braucht der Pat. Unterstützung für den Umgang mit der derzeitigen Sitauation? usw.
Elisabeth

Nehmen wir an, Du hast im Rahmen Deine Aufgaben als Praxisanleiterin eine Schülerin, die basale Stimulation anwenden will. wie gehst Du vor? Auf was soll sie im Bereich Wahrnehmung und Kommunikation achten und wie soll sie das einschätzen? Nehmen wir an, ihr entscheidet euch fÛr eine somatischen Stimulation, beispielsweise eine Ganzkörperwaschung? Wieso habt ihr euch gerade dafür entschieden? Ist für die Schülerin der Zusammenhang zwischen dieser Entscheidung und Deiner Einschätzung des Patienten klar?
Ich gehe davon aus, dass in irgendeiner Form, der Zustand des Patienten eingeschätzt wird, vielleicht häufig auch unbewusst? Ziel meiner überlegung ist einfach, wie kann man diesen Einschâtzungsprozess deutlicher nachvollziehbar machen, um so die Qualität der Massnahme zu verbessern?
Nehmen wir an, eine andere Kollegin betreut unabhängig von Dir den gleichen Patienten, sie entschliesst sich ebenfalls für eine basale Stimulation. Würde sie ein ähnliches Angebot machen wie Du? Falls nein, würde das bedeuten, dass entweder Du oder sie die Situation falsch beurteilt hat, oder dass es letzendlich völlig egal und willkürlich ist, welches Angebot gemacht wird, dass stellt aber den Sinn der Situationseinschätzung in Frage.

Ich gebe zu, ich bin hier etwas theoretisch, aber ich finde diese Prozess sehr spannend.

Gruss Hartwig
 
Pflegeanamnese GKW: welche Utiensilien? welche Rituale?

Pflegeproblem: Reizüberflutung in unbekannter Umgebung
Ätiologie: Durchgangssyndrom
Symptom: keine adäquate Reaktion auf Umgebungsreize, "Fluchtreaktion"

Ressourcen: Sinnesorgane intakt, nonverbale Kommunikation über Körpersignale möglich, Bewegung inatkt (ein geschränkt durch Fixierung)

Ziel: Sicherheit erleben, das eigene Leben spüren, Außenwelt erfahren, Situation Sinn und Bedeutung geben

Maßnahmen bei GKW:
sitzende Position (wenn möglich), Schüssel in Sichtbereich, eigene Waschutensilien nutzen lassen, visuell- auditiv- taktil Kontakt halten, Struktur: mit der Haarwuchsrichtung waschen (geht hier nicht um Beruhigung!- sondern um ein gleichbleibendes Angebot), Pat.rituale einfließen lassen

Evaluation: nonverbale Kommunikation beachten

So in etwa. Ist schwierig ohne realen Patienten.

In den Seminaren sind die TN eher an Handlungen interessiert, denn an Pflegediagnostik. Ergo: die Handlungen werden lang und breit erklärt- Angebot und Nachfrage bestimmen der Markt.

Elisabeth