Wie schon öfter angegeben benutzt unser Haus keine Skalen. Das Problem aller Skalen- egal welcher- ist, dass sie wissenschaftlich nicht haltbar sind: es gibt keinen aussagekräftigen Studien.
Die Dekubitusskalen beispielsweise sind sind jeweils auf eine bestimmte Patientengruppe abgestimmt. Da der Pat. heute aber in der Regel multimorbide ist werden unter Umständen wichtige Aspekte übersehen.
Beislpiel: Pat. Z.n. KnieOp ; Nebenerkrankung: Rheuma
Nortonskala: 28 Pkt. = Risiko sehr niedrig
Pat. ist knapp 60 = 2Pkt.
Hautzustand ist ohne Befund = 4Pkt.
keine Abwehrschwäche, Diabetes, Anämie, MS, Adipositas, Karzinom, erhöhter Hämatokrit, Arterielle Verschlusskrankheit, kurzzeitig Fieber = 3Pkt.
Körperlicher Zustand: gut = 4Pkt.
Geistiger Zustand: Voll orientiert = 4Pkt.
Aktivität: zum Zeitpunkt des Geschehens bereist mobil mit Hilfe = 3Pkt.
Beweglichkeit kaum eingeschränkt = 3Pkt.
Pat. ist nicht inkontinent = 4Pkt.
Bradenskala: 21 Pkt. = sehr geringes Risiko
Sensorisches Empfindungsvermögen: nicht eingeschränkt = 4Pkt.
Feuchtigkeit: nein = 4Pkt.
Aktivität: geht eher wenig = 3Pkt.
Mobilität: gering eingeschränkt, kann selbständig die Position wechseln= 3Pkt.
Ernährung: ohne Probleme = 4 Pkt.
Reibungs- Scherkräfte: keine Probleme ersichtlich = 3Pkt.
Und trotzdem hat der Pat. einen Dekubitus an der Ferse erworben. Mögliche Ursachen sind im Rheuma zu suchen:
Primäres Risiko- chronische Erkrankung mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung- die Pat. entwickeln ein eigenes Bewegungsmuster um die Schmerzen erträglich zu halten
Laut Anamnese bewegte sich der Pat. adäquat in der Häuslichkeit. Alle Bewegunsgangebote im KKH wurden genutzt.
ABER: der Patient nahm regelmäßig Schmerzmedikamente- diese wirken nicht nur in den Gelenken oder dem OP Gebiet sondern systhemisch. Hinzu kam, dass er unter Schlaflosigkeit litt und Schlaftabletten brauchte.
Sekundäre Risikofaktoren: Faktoren, die den intravaskulären Druck mindern. Der Pat. war eher ein Hypotoniker mit der üblichen morgendlichen Anlaufschwäche.
Faktoren, die den Sauerstoffverbrauch in der Zelle erhöhen: Er hatte postoperativ einige Tage erhöhte Temperaturen. Postop. kommt es in der Regel zu Veränderungen im Stoffwechsel: einer katabolen Phase folgt eine anabole Phase.
Faktoren die den Hautwiderstand schwächen: Steroide (Prednisolon) ein Medikament das zur Rheumatherapie genutzt wurde wirkt auch systhemisch- Hautveränderungen sind die Folge.
Eigentlich war der Pat. hochgradig gefährdet. Die Skalen haben dies nicht ergeben. In keiner wurde nach schmerzlindernden nichtopioiden Medikamenten gefragt. Fieber wurde zwar gefragt- die Bewertung brachte aber nicht den entscheidenden Hinweis.
Das nächste ist die Frage nach den Maßnahmen. Auf der Station wird routinemäßig eine Freilagerung beider Fersen angeboten. ABER: Das Bewegungsmuster des Pat. im Bett tat sein übriges: ein Galgen der einlädt zu Bewegung mit genutzt zu werden- der Pat. hat sich wahrscheinlich mit der Ferse abgestoßen und ist dabei wahrscheinlich auch mehrfach abgerutscht. Für jeden anderen Pat. kein Problem- für diesen wahrscheinlich der entscheidende Auslöser.
Elisabeth
PS Bei der Suche nach den aktuellen Skalen stieß ich auf die "evidencebasierte Seite":
http://www.evidence.de/Leitlinien/l...t/Dekubitus_Skalen/body_dekubitus_skalen.html Die Nortonskala hab ich von da genutzt. Mit der Bradenskala kam ich nicht klar. Die Interpretation für das Beispiel hab ich von
http://www.adservio.de/download/Braden-Skala.pdf .
Bin gespannt, ob noch jemand stutzig wird.